Wer
glaubte, der Gipfel des 80er Jahre-Revivals sei bereits überschritten,
der wird sich wundren. Was mit Bands wie 2raumwohnung begann, setzen
jetzt Rosenstolz fort - sprich: sie setzen noch einen drauf: Der Plastikpop
ist zurück.
"Macht
Liebe" ist ein Album, das mehr als alle Vorgänger-Alben
des erfolgreichen Popduos an die Neue Deutsche Welle anknüpft.
Über weite Strecken verzichten Rosenstolz auf alles, was an ihren
früheren Sound, der nicht nur vom Pop, sondern auch von Chanson
und Variété beeinflusst war, erinnern könnte.
Rosenstolz
bekennen sich zur "Generation Pop" und beanspruchen ihre
Wortführerschaft. Süßlicher Gesang, ungeschminkte
Alltagspoesie, Computerbeats und -samples - offenbar die Zutaten einer
neuen Berliner Szene, die beim zweiten Hinsehen so neu gar nicht ist:
Inga
Humpe, Co-Autorin zweier "Macht Liebe"-Songs, ansonsten
das eine Zimmer der 2raumwohnung, war bereits in den 80ern mit diversen
NDW-Projekten erfolgreich (u.a. Neonbabies, Humpe&Humpe), und
Rosenstolz selber sind auch schon seit immerhin zehn Jahren im Geschäft.
Damals, 1992, hieß das Debüt-Album hellseherisch: "Soubrette
werd' ich nie". Das war wohl auch nie wirklich das Ziel von AnNa
R. und Peter Plate, doch nie waren sie weniger soubrettös als
auf "Macht Liebe".
Der
vielleicht auffälligste Aspekt an Rosenstolz 2002 ist, dass sich
Anna und Peter trotz des Stilwechsels weiter unverstellt und unverbogen
geben und dabei immer noch glaubwürdig bleiben. Auch auf diesem,
ihrem achten Studioalbum wirkt das Berliner Duo frisch wie eh und
je, spontan, unverkrampft, voller Neugier. Ihre Texte sind manchmal
von geradezu anrührender Sentimentalität und Einfachheit,
Situationskomik und Selbstironie, und trotz aller Elektronik des Sounds
klingt AnNa R. nah, direkt und authentisch.
Auch
deshalb verzeiht man den beiden die eine oder andere etwas kitschig
geratene Passage (Fans lieben sie gerade dafür), und außerdem
haben Rosenstolz mit ihrer Musik schon immer mehr auf das Herz als
auf die Ratio gezielt: Macht Liebe !
Michael
Frost, 07.09.2002