Die Ahnengalerie lässt Gemächliches erwarten: Dean Martin, Sinatra, Bacharach. Der Name verspricht wenigstens angedeutetes Italo-Klischee. Und doch gelang es Juliano Rossi, die Verantwortlichen des "Blue Note"-Jazzlabels davon zu überzeugen, dass er die kommende Größe des Swing - wenigstens in Deutschland - sein könnte. Und zwar trotz eines Songs wie "I want my money back", der im Gegensatz zu dem erwarteten Crooner-Schmalz überraschend witzig und bissig-ironisch daher kommt - und ziemlich frech für einen, der gerade am Anfang seiner Karriere steht. Darin klingt es nämlich so, als sei er geradewegs in die elegante Garderobe gedrängt worden: "They say I'm gonna sing for thousands // They said that I will be a made man // They said they love my style, my voice // my special sense of humour ..."
Dem Vernehmen nach startete Juliano Rossi, der eigentlich Oliver Perau heißt und abseits jeden mediterranen Flairs in Hannover geboren wurde, seine Swing-Karriere als Ergebnis eines relativ spontanen Auftritt bei der Ausstellungseröffnung der Arbeiten eines Freundes. Doch unerfahren ist Perau keineswegs: Bis Mitte der 90er Jahre war er Sänger der Rockband Terry Hoax.
"Free runner" nun ist eine Sammlung von dreizehn Swing-, Jazz- und Croonerpop-Nummern, die Rossi mit einer Ausnahme (Bacharachs "I wake up crying") selbst komponierte. Die meisten Stücke führen weit zurück in die Vergangenheit. "This is the best time of my life" ist ein Song im klassischen Sinatra-Stil, was sowohl Sound und Arrangement als auch den lässig-vollen Gesang von Juliano Rossi angeht, der seine Vorbilder offenbar sehr gut studiert hat. Doch ebenso scheint er sich an gegenwärtigen Größen zu orientieren - etwa Richard Hawley und seinem unerreichten Album "Cole's Corner". Rossi positioniert sich vor allem mit "Home again" und "I love the ocean" in der Nähe des Briten und beweist damit zielsicheren Geschmack.
"Free runner" hat exakt die Lässigkeit, die Eleganz und den Charme, den eine Swing-Platte benötigt. Sein Habitus ist männlich, aber nicht macho, seine Sounds sind gefühlvoll, aber nicht soft, und seine Arrangements scheinen direkt aus den 50er Jahren zu kommen. Bei so viel Reminiszenz an Vergangenes wundert sich nicht nur der Zuhörer. Auch Rossi selbst hielt es für nötig, wenigstens einzelne Passagen mit zeitgenössischen Elementen anzureichern - respektive zu verfremden. Zusätzlich ließ er sich für das Cover nicht in klassischer Pose fotografieren, sondern barfuß flüchtend, entlang einer mit Graffities besprayten Mauer. Nur der elegante Anzug verrät den Crooner, und in Wahrheit hätte es der Optik und der Breakbeats nicht bedurft: Ein "I want my money back" ist von den Käufern dieses flotten Debüts nicht zu erwarten.