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Wohltuende Entdeckung


Ist das wirklich ...? - Es klingt so, der Name fällt: Eleanor Rigby, aber was wurde aus der Musik ...? Es ist, der Blick ins Booklet bestätigt es. Alexa Rodrian hat sich an einen der sperrigsten, weil ausdrucksstärksten Hits der Beatles gewagt. Sie hat ihn zerlegt bis auf die Substanz - und etwas Neues daraus erschaffen, etwas, das mehr mit Jazz zu tun hat als mit Rock - doch schon das Original war schließlich ein Grenzgänger, wenn auch zwischen Pop und Klassik. Atemlose Drums (Tim Neuhaus und Florian Haloubeck), ein jenseits von Melodie und Rhythmus agierendes Saxophon (Johannes Enders), eine engelshohe Backgroundstimme bilden die neue Basis der mutigen, weil in jeder Hinsicht eigenständigen Interpretation von Alexa Rodrian.

Dagegen erscheint das folgende "Shiver me timbers", ein Tom Waits-Cover, fast traditionell - doch Alexa Rodrian zeigt damit lediglich eine andere Seite ihre Könnens. Später wiederholt sie ihr Modell der selbstbewussten Dekonstruktion von Klassikern am Beispiel von Bill Whithers' legendärem "Ain't no sunshine" - doch zu diesem Zeitpunkt hat man längst begriffen, dass Alexa Rodrian nicht nur fremdes Liedgut gewissermaßen neu hört, sondern auch ihre eigenen Kompositionen und Texte mit der gleichen schöpferischen Energie umsetzt.

"All done and dusted" ist ein Album so vielseitig wie seine Künstlerin. Alexa Rodrian kommt aus dem Jazz, doch ihre neue CD ist so viel mehr. Sie selbst beschreibt sich (in höflicher Untertreibung) als Jazzsängerin, die gern Popsongs schreibe. Gemeinsam mit ihrem festen Ensemble (Jens Fischer Rodrian, Tom Peschel und Tim Neuhaus) lässt sie ihre Musik im Grenzbereich zwischen Jazz, Electronica, Triphop, Blues und Soulpop entstehen - egal, welchem Genre man sie schließlich zuordnen möchte, für jedes ist sie eine innovative Bereicherung: der Schmerz einer Billie Holiday ("No use"), der verwaschene Sound der Blues-Clubs ("Lose"), latino-beschwingte Leichtigkeit ("Pearl"), das melancholische, sanfte Wiegenlied einer Schwangeren ("Sleepless") - ihr gelingt wirklich alles.

Als Anspieltipp sei auch "Little John" empfohlen, die englischsprachige Fassung von "Hänschen klein" - was als Kinderlied beginnt, endet alsbald in einem furiosen Vocaljazz-Experiment, das sie in dem bereits erwähnten "Ain't no sunshine", hier unterstützt von Mouthpercussion (Jens Fischer Rodrian), fortsetzt.

Sich nicht innerhalb eines Genres zu verschanzen, das lernte Alexa Rodrian offenbar in New York. Sieben Jahre verbrachte sie dort, arbeitete mit zahllosen Musikern zusammen und hatte diverse Auftritte, u.a. in der "Knitting Factory", einem der Kreativzentren der Stadt, doch inzwischen arbeitet sie wieder in Berlin, wo auch "All done and dusted" aufgenommen wurde. Hier, so klingt jedenfalls ihr Album, fand sie die nötige Ruhe und Konzentration, um ihren eigenen Stil zu verfeinern, dessen unangepasste Energie Wohltat und Entdeckung gleichermaßen ist.

 

© Michael Frost, 02.11.2008


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