Mit Bob Marley gewann der Begriff der "Weltmusik" in den 1970er Jahren eine vollkommen neue Bedeutung. Sie war nicht länger exotisch anmutende Folklore, die sämtliche Klischees und Vorurteile bedienten. Der Jamaicaner benutzte die Musik der Insel, um daraus eine Bewegung zu formieren. Motto: "Get up, stand up, stand up for your rights."
Reggae wurde zum Ausdrucksmittel seiner Mission, und Bob Marley wurde "der erste Star der Dritten Welt" (reggae-info.de), Pionier und Vorbild für eine ganze Generation von Musikern, auf Jamaica sowieso, aber darüber hinaus in ganz Lateinamerika und in Afrika.
Es ist kaum vorstellbar, dass sich heute irgendein Musiker einem Tribute-Projekt zugunsten Marley verweigern würde: Knapp 30 Jahre nach seinem Tod (Marley starb 1981 im Alter von nur 36 Jahren an Krebs) gehört seine Musik zum Mainstream, vielfach gecovert und bearbeitet.
Der Sampler "Tribute to a Reggae Legend" unternimmt gar nicht erst den Versuch, die gesamte Bandbreite der Marley-Hommages abzubilden, sondern konzentriert sich auf Musiker und Bands, die sich auch in ihrem sonstigen Werk immer wieder auf seinen Einfluss berufen - ohne allerdings selbst ausschließlich im Reggae verwurzelt zu sein. Three Plus aus Hawaii beispielsweise ("Is this love") eröffnen das Album. Sie hatten sich schon früher mit religiösen Motiven der Rastafaris beschäftigt, oder das Frauen-Duo Dobacaracol aus Québec ("Could you be loved"), selbst Céu, eine der innotavisten Künstlerinnen Brasiliens, hat immer wieder Reggae-Elemente in ihren Sound einfließen lassen. Auf dem Sampler ist sie mit "Concrete jungle" vertreten.
Allen Künstlern gemein ist, dass sie auch mit ihrer eigenen Musik eine Botschaft unters (Fan-)Volk bringen wollen, egal, ob dies in Südafrika (Frehslyground) oder den USA (Northern Lights) geschieht - es geht um individuelle Freiheit, Gleichheit und das Ende von Unterdrückung. Ziele, die sie mit Bob Marley teilten - die allerdings, so weiß man heute, leider nicht für alle Reggae-Musiker und auch nicht in Bezug auf jede Art von Diskriminierung gelten.
Wegen expliziter Mordaufrufe gegen Schwule in ihren Songtexten erhielten erst jüngst verschiedene Reggae-Musiker Auftrittsverbote in Deutschland und anderen westlichen Ländern.
Außenminister Westerwelle, der jüngst ankündigte, seinen Mann nicht mit in Länder zu nehmen, in denen Homosexualität illegal sei, dürfte einen etwaigen Staatsbesuch in Jamaica wohl alleine antreten: Homosexuellen Jamaicanern droht eine 10-jährige Gefängnisstrafe. Von Bob Marley selbst sind keine homophoben Ausbrüche überliefert. So spricht also nichts dagegen, dass auch Schwule und Lesben seinem Appell folgen: Get up, stand up - stand up for your rights!
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Michael Frost, 21.08.2010
TITELLISTE
1 Three Plus (Hawaii) • Is This Love
2 Robi Kahakalau (Hawaii) • Do It Twice
3 Rebelution (USA) • Natural Mystic
4 Caracol (Canada) • Could You Be Loved
5 Céu (Brazil) • Concrete Jungle
6 Rocky Dawuni (Ghana) • Sun Is Shining
7 Freshlyground (South Africa) • Africa Unite
8 Northern Lights (USA) • Waiting In Vain
9 Julie Crochetière (Canada) • Mellow Mood
10 Funkadesi (USA/India) • Real Situation
11 Sierra Leone’s Refugee All Stars (Sierra Leone) • No Woman No Cry
12 Playing for Change (International) • One Love
Hörproben: www.putumayo.com