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Die Rückkehr
zum rüden Rock'n'Roll
Gast-Beitrag von Stephan Stöckel


Zwölf Jahre nach ihrem Meisterwerk "Give Out But Don't Give Up" kehren "Primal Scream" zu einem rüden, rustikalen Rock'n'Roll zurück, der all den Garagenbands des Jetzt, Hier und Heute eindrucksvoll zeigt, wo der Barthel den Most holt. "Riot City Blues" heißt das Opus, über den der NME titelte: "Lauter als Liam, dunkler als Doherty".
Und wahrlich - der Titel ist Programm: Keine Spur von synthetischen Bits & Bytes, stattdessen lärmen messerscharfe Bluesriffs, die eher nach Ungehorsam denn nach Duckmäusertum klingen.

Im Unterschied zu anno dazumal, widmen sich die Musiker 2006 eine ganze Platte lang den Wurzeln des modernen Rock'n'Roll: Blues, Boogie, Garagenrock, Soul und Country sind die Zutaten aus denen die Jungs einen coolen Sound zimmern, in dem "funky grooves und easy pop tunes", wie der Engländer sagen würde, nichts mehr zu suchen haben. Erstaunlich: Diesmal legten keine Meisterproduzenten des Südstaatenrocks wie Tom Dowd ("Lynyrd Skynyrd") oder George Drakoulias ("Black Crowes"), Hand an das Werk, sondern die britische Studio-Legende Youth, die bereits Größen des Brit-Pop wie "The Verve" den letzten Schliff verlieh.

Siehe da: Dem Briten gelingt es zusammen mit den Musikern ein Album zu erschaffen, dass so authentisch die Musik der 60er und 70er Jahren einfängt, dass man vor Ehrfurcht den Hut zieht. "Riot City Blues" ist vom ersten bis zum letzten Ton eine einzige Reminiszenz an jene Zeit, als die "Stones", "Stooges", Neil Young und "ZZ Top" ihre Glanzzeiten hatten.

Die aktuelle Single "Country Girl", die zugleich den Nostalgiereigen eröffnet, ist beherzter Southern-Rock wie aus dem Lehrbuch, versehen mit einer Melodie, die einem nicht mehr aus dem Ohr gehen will. "Suicide Sally & Johnny Guitar" ist rüder Garagenrock, der einem Donnerritt auf der Harley über den Highway gleicht. Scharf wie Chilli sind auch der souligen Bluesrockknaller "Nitty Gritty" und das flotte "The 99th Floor", bei denen sich die Gruppe erneut von ihrer ungehobelten Seite zeigt. Einziger Wermutstropfen: "We're Gonna Boogie" klingt wie ein Boogie, der sich in einer Endlosschleife befindet. Ein eintöniges Lied, dem etwas mehr Abwechslung gut getan hätte.

Ruhepol zwischen all den lärmigen Stücken ist der meditative Soundtrack zur nächsten Sitzung beim Yoga-Guru, namens "Little Death", der durch sein indisches Flair besticht. Die Ballade "Sometimes I Feel So Lonely" ist Herzschmerz vom Feinsten, mit einer Mundharmonika, die trauert, als stünde eine Beerdigung bevor.
Die Stimme von Mastermind Bobbie Gillespie klingt so schmutzig und lasziv, wie es einem solchen Werk angemessen ist. Die Texte passen sich der Musik an, sind schlüpfrig und anstößig. Auch drei Gastmusiker ließen es sich nicht nehmen, an dem famosen Silberling mitzuwirken: Alison Mosshart, Sängerin der "Kills" singt sich bei mehreren Rockknallern die Kehle heiser, "Echo & The Bunnymen"-Gitarrist Will Sergeant verleiht dem Stück "When The Bomb Drops" psychedelisches Flair und Multiinstrumentalist Warren Ellis ("Nick Cave & The Bad Seeds") leistet ebenfalls seinen Beitrag zum Gelingen des Silberlings.

"Let's Have A Good Time" singen die Jungs voller Euphorie in dem Stück "Dolls". Und wahrlich: Man hat seine Freude an dem "Sweet Rock'n'Roll", so der Titel eines Stücks, dem das Sextett "Primal Scream" nun schon ein zweites Mal mit Leidenschaft und Authentizität ein Denkmal setzt.

Primal Scream: "Riot City Blues" (SonyBMG)
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Juni 2006


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