Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

 

Hors saison


Tom Poisson schreibt Lieder. So lautet die korrekte Übersetzung des Titels seines ersten Albums, das im Zuge des Interesses für französischen Pop auch gleich in Deutschland veröffentlicht wurde. Tom Poisson schreibt Lieder, das klingt nüchtern, unprätenziös und nach Handwerk: Tom Poisson, der Liederschreiber.

Seine Musik spiegelt den ersten Eindruck wieder. Die Lieder des 30-Jährigen klingen nach Popballade und melancholischem Chanson, leise Bossanova-Harmonien wecken Erinnerungen an den letzten Sommer, Möwengeschrei und Meeresbrandung unterstützen dies.

Doch unter der spätsommerlichen "Hors Saison"-Atmosphäre gärt es, und zwar gleich zu Beginn. "Elisabeth Martin", ein beschwingter Titel mit verträumtem Akkordeon, beginnt mit einer Überraschung. "Quand vous lirez cette lettre, je serai mort" - Wenn ihr diesen Brief lest, werde ich tot sein. Chronik eines angekündigten Selbstmords, von Poisson durch den Kontrast zur fröhlichen Melodie fast ironisch in Szene gesetzt.

Es ist gerade diese leise, niemals boshafte Ironie, die französische Kritiker besonders hervorheben. Die betont einfachen und eingängigen Songstrukturen und Harmonien ordnen sich seinen kleinen Alltagsepisoden und Fantasien unter, als wollten sie die Aufmerksamkeit gezielt auf den Inhalt lenken. Will man seine Lieder vollständig verstehen, wird man also um französische Sprachkenntnisse nicht herumkommen, zumal die deutsche Veröffentlichung leider keine Textübersetzungen enthält.

Doch auch ohne Sprachkenntnisse macht Poisson Spaß. Man mag sich einfach seinen schnörkellosen, sanften Melodien hingeben, Tagträumen nachhängen und dabei die letzten Sonnenstrahlen des Sommers genießen.

© Michael Frost, 06. September 2004


[Archiv] [Up]