Es mag schon am Namen liegen, natürlich am Albumtitel, doch die Musik löst das Versprechen ein: Philipp Poisels Album "Bis nach Toulouse" spielt mit den Elementen des französischen Neo-Chansons, und, um es vorweg zu nehmen: Er macht das richtig gut.
Wie seinen französischen Kollegen von Biolay über Delerm bis zu Chedid ("M") gelingt ihm die Verknüpfung intelligenter, aber nicht zu intellektueller Texte mit an sich simplen, aber raffiniert arrangierten Melodien, in denen die Musiker schwelgen und die Zuhörer sich gleichermaßen verlieben wie verlieren werden (Beispiel: "Für keine Kohle dieser Welt").
Entspannt, melancholisch, freundlich und witzig: "Bis nach Toulouse" kennt viele Facetten, die Poisel mit betont (nach)lässigem Timbre, das bisweilen an Stephan Eicher erinnert, in Worte kleidet, unterstützt von seiner Band, ergänzt um allerhand aufwändiges Instrumentarium, darunter auch Streicher und Bläser - auch dergleichen kennt man aus der Nouvelle Scène.
Philipp Poisel stößt mit seinem zweiten Album in eine Lücke, die in Deutschland nur im Ausnahmefall jemals gefüllt wurde. Hier das Chanson, dort Pop - in der Regel haben sich deutschsprachige Künstler immer für eine der beiden Seiten entschieden. Poisel nun sucht die Verknüpfung und experimentiert damit in einem Grenzbereich, der in Deutschland selbst kaum Vorbilder hat. Seine Vorgehensweise macht Poisel selbst übrigens besonders deutlich in seiner ungewöhnlichen Adaption von Peter Fox' Berlin-Hymne "Schwarz zu blau". Seine eigene Fassung bietet er auf seiner Website zum kostenlosen Download an.
Videolink: Philipp Poisel "Wie soll ein Mensch das ertragen?" / youtube
Herbert Grönemeyer, der ihn für sein eigenes "Grönland"-Label entdeckte und Poisel vor zwei Jahren die Veröffentlichung seines Debüts "Wo fängt dein Himmel an?" ermöglichte, scheint dieses außergewöhnliche Potential frühzeitig erkannt zu haben. Vermutlich hatte Grönemeyer erkannt, dass der junge Poisel - ebenso wie er selbst - musikalisch nach internationalem Niveau strebt, ohne dafür die deutsche Sprache als Ausdrucksmittel aufgeben zu müssen.
Nun kommt es darauf an, dass das deutsche Publikum mit Poisel ein Genre entdeckt, das es bislang viel zu selten vermisste: Gut und intelligent gemachte, unprätentiöse deutschsprachige Popmusik.