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Nicht zu retten


Der irischen Band gebührt die Ehre, Punk und Folk miteinander versöhnt zu haben. Als sie Mitte der 80er Jahre die Bühnen auch diesseits des Kanals erklommen, fand sich zu ihren Konzerten ein Publikum ein, wie es bunter wohl kaum sein konnte: Punks, Ökos, Folkmusik-Fans, Irland-Reisende. The Pogues waren eine der heißesten Bands des Jahrzehnts, von Kritikern hoch gelobt, von Fans verehrt.

Wenn die Chronisten nicht irren, war es der 28.11.1988, als The Pogues erstmals in Hamburg Station machten. Ihr Auftritt sollte in einem ausgedienten Zirkuszelt stattfinden, und das Guinness floss lange vor Auftrittsbeginn reichlich, allerdings nicht nur vor der Bühne. Der Auftritt war für 20.00 Uhr angekündigt, doch die Band ließ auf sich warten: fast anderthalb Stunden. Dem Publikum war das offensichtlich egal - man vertrieb sich die Wartezeit mit - Guinness.

Als das Konzert dann schließlich begann, war allerdings kaum noch auszumachen, in welchem Teil des Zelts der Akoholpegel höher war: bei der Band auf der Bühne oder der Pogo tanzenden Masse davor. Der Alkoholkonsum der Pogues, allen voran von Sänger Shane MacGowan, war legendär, und wer an diesem Abend noch halbwegs bei Bewusstsein war, konnte sich einen lebhaften Eindruck davon machen, als der Sänger den Text vergaß - sowieso kaum einen Ton richtig traf -, dem einen oder anderen Musiker hier und dort ein Takt, manchmal das ganze Instrument entglitt. Irgendwann soll auch einmal ein Bandmitglied von der Bühne gestürzt sein, doch das bekam kaum einer mit, und der Sound konnte selbst durch solch dramatische Ausfälle nicht mehr beeinträchtigt werden.

Insofern ist es sicherlich ein Wagnis, überhaupt ein Live-Album der Pogues auf den Markt zu bringen. Mitgeschnitten wurde im Schweizer Skiort Leysin 1991, als die Pogues auf ihrem musikalischen Höhepunkt waren. Entsprechend enthält der Mitschnitt die meisten ihrer größten Erfolge, allerdings mit den zu erwartenden Abstrichen an Soundqualität und Spielstärke. Denn auch, wenn die Musiker in Leysin deutlich besser beieinander waren als bei dem beschriebenen Auftritt in Hamburg, bleibt die Live-Qualität der Pogues weit hinter ihren Studioaufnahmen zurück.

Vielleicht hätte die Aufnahme wenigstens optisch die Stimmung des Abends einfangen respektive wiedergegeben können, doch die "Dual Disc"-Veröffentlichung (CD auf der einen, DVD auf der anderen Seite der Disc) enthält auf der DVD-Seite lediglich einen Satz Fotos anstatt eines Konzertfilms und eine Audiospur in 5.1. Surround-Mischung - doch selbst die rettet den dürftigen Originalsound der Aufnahme nicht.

So wird die Veröffentlichung vermutlich nur wirklichen Hardcore-Fans der Pogues eine Freude sein, allen anderen, die die zugegebenermaßen ebenso wahnsinnigen wie genialen Songs der Iren noch entdecken wollen, sei lieber eine der zahlreichen Best-of-Veröffentlichungen empfohlen.

© Michael Frost, 28.11.2005

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