Am
11.10.1963 starb Edith Piaf. Ihre Stimme verkörperte Frankreich
wie keine andere Sängerin. Wohl auf ewig werden ihre größten
Chansons, "Je ne regrette rien", "Milord", "La
vie en rose", unvergessen bleiben. Vor allem aber werden diese
Chansons stets in der von ihr gesungenen Originalversion in Erinnerung
bleiben. Die kristalline, helle Färbung ihrer Stimme, die tief
in alle Poren des Körpers eindringen konnte. Selbst die Zeit blieb
vor Ergriffenheit stehen, wenn Edith Piaf, wegen ihrer Körpergröße
'Spatz von Paris' getauft, sang.
Fast
unmöglich erscheint deshalb das Ansinnen, ihr zu Ehren einige
ihrer schönsten Chansons für ein "Tribute"-Album
zum 40. Todestag zusammenzutragen. Und es bedarf schon der Crème
de la Crème der französischen Pop- und Chansonszene, um
der legendären Stimme gerecht zu werden. Eine Hymne an den "Spatz"
- Hymne à la Môme - entstand, unter Beteiligung so großer
Namen wie Alain Bashung, Liane Foly, Etienne Daho, Isabelle Boulay,
Cheb Mami, Stephan Eicher, Benjamin Biolay - sowie der einst von Edith
Piaf entdeckte und geförderte Charles Aznavour, längst selbst
eine Legende.
Die
meisten Coverversionen, so darf man wohl sagen, erreichen zwangsläufig
nicht die Intensität der Originale. Dieses Urteil spricht jedoch
nicht unbedingt gegen die engagierten Versionen von "Padam ...
Padam" (Chimène Badi) oder "Je ne regrette rien"
(Cheb Mami), sondern unterstreicht lediglich die Unantastbarkeit der
Piaf, die durch diese Lieder unsterblich wurde.
Umso
respektabler erscheint der Mut der Beteiligten, sich dem direkten
Vergleich auszusetzen. Nur dort, wo sie sich bewusst und Ziel gerichtet
von der Originalfassung abheben, erreichen die Coverversionen auf
"Hymne à la Môme" eigenständige Gültigkeit.
Etwa Biolays Fassung von "Plus bleu que tes yeux", die er
im gewohnt leise säuselnden Flüstergesang vorträgt
- Etienne Dahos sehr druckvolle Pop-Version von "Mon manège
à moi", die schon seit Jahren zu seinem Repertoire gehört,
oder Nachwuchsstar Raphael, der mit flehender Stimme "La Foule"
intoniert, ein atemloses Duett mit der korsischen Schönheit Laetitia
Casta.
Im
Vordergrund der "Hymne à la Môme" steht die
Ehrbekundung für Frankreichs größte Stimme. Zugleich
ist das Album aber auch ein Überblick über die Vielfalt
der aktuellen französischen Szene, die sowohl traditionelles
Chanson, die "Nouvelle Scène" als auch internationalen
Rock und algerischen Raï integriert - und sich trotz aller Unterschiede
hinter diesem ambitionierten Projekt zu Ehren des "Spatz von
Paris" vereint.
Und
für den, der nach "Hymne à la Môme" auf
den Geschmack gekommen ist und nun die Originale (wieder-)entdecken
möchte, für den gibt es - ebenfalls in einer Sonderedition
zum 40. Todestag - "Eternelle - Les plus grandes chansons d'Edith
Piaf", eine Doppel-CD mit 43 Stücken, darunter auch vier
bislang unveröffentlichte Chansons. Daneben werden einige der
wichtigsten Piaf-Alben in "restaurierten" (Pressetext) Fassungen
neu veröffentlicht, und auf einer weiteren Doppel-CD werden Liveaufnahmen
der Piaf veröffentlicht, die 1956 und 1957 bei Auftritten in
der New Yorker Carnegie Hall mitgeschnitten wurden.
©
Michael Frost, 27.09.2003