Weil
Pascal Parisot keine Livealben mag, sehr wohl aber die Liveatmosphäre
eines Konzerts, nutzt er einfach die digitale Illusion des Eröffnungsapplaus',
die ihm zugleich den Albumtitel liefert: "Clap! Clap!", unterlegt
von einer altmodisch aufgemachten Photografie, das Publikum zeigt, während
man den Künstler hinter dem geschlossenen Bühnenvorhang wähnt.
"Clap! Clap!", freut sich Parisot auf seiner Website, sei
schließlich ein falsches Live-Album, aber ebenso auch ein unechtes
Studioalbum.
Démodé,
altmodisch, ist Parisot jedoch nur bei oberflächlicher Betrachtung.
Hinter dieser, oft augenzwinkernden Fassade, haben die Stücke
es in sich: Seine Chansonstrukturen, auch sein Gesang mögen als
klassisch gelten, die Arrangements sind es sicher nicht. Während
der "Opener" mit Banjo und Hammerklavier Saloon-Atmosphäre
vermittelt, bedient sich das folgende "Le Roi des cons",
Cover eines Stücks von Georges Brassens, fröhlich und unbekümmert
aus dem Magazin einer ganzen Musikschule, spielt aber parallel auch
mit Computersounds.
Pascal
Parisot liebt das ironische Spiel mit klassischem Chanson, elektronischem
Pop und zeitlosem Kitsch. Wird es zu ernst, kontrastiert er die Atmosphäre
mit einem albernen Backgroundchor, sein Gesang erinnert streckenweise
eher an ein Cabaret, in dem Sänger nicht sie selbst sind, sondern
in eine Rolle schlüpfen, und Parisot erweist sich in dieser Hinsicht
als Multitalent: Boris Vian, Serge Gainsbourg - nicht die einzigen,
die unter seiner Regie zu neuem Leben erwachen.
"Je
ne m'aime plus" (Ich liebe mich nicht mehr) singt und pfeift
er vor einem fröhlichen Hintergrund aus Xylophon und Mundharmonika:
"Sie verschwand eines schönen Morgens ... und hinterließ
keine Adresse".
Am
Ende schließt "Clap! Clap!" mit den Album-Cedits,
die Parisot seinem wiederum imaginären Live-Publikum selbst vorträgt
("Merci beaucoup"), wobei er selbst vor absurdesten Mitteilungen
nicht zurückschreckt: "Diese CD wurde in einer Fabrik gepresst"
und schließlich unter lautem Bedauern der Zuhörer mit staatstragendem
Gestus mitteilt, er werde sich nunmehr "aus der Politik zurückziehen".
Ob
seine feinsinnigen Zwischentöne in Deutschland ebenso verstanden
werden wie in Frankreich, dürfte die spannende Frage der nächsten
Zeit sein, wenn Parisot gemeinsam mit seiner Ehefrau und Kollegin
Fredda (deren Album "Toutes mes aventures" zeitgleich veröffentlicht
wird) und der Band Holden (ihr Album "Chevrotine" erschien
bereits im Frühjahr 2007) auf Deutschland-Tour geht.
©
Michael Frost, 01.09.2007