"Danse avec moi", lautet die verführerische Aufforderung zu wunderbar schwelgendem Tanzrhythmus. Dani Siciliano singt den Titel mit schmachtendem Timbre - eine Amerikanerin, die neben ihren eigenen Alben vor allem durch die Zusammenarbeit mit Matthew Herbert auffiel. Doch hier liiert sie sich mit Nôze, einem anarchisch-schrägen Duo aus Paris, das manchmal so klingt, wie Borat aussieht: betont geschmacklos, irgendwie penetrant und peinlich, aber irrwitzig ironisch und herrlich unkorrekt.
Nicolas Sfintescu und sein Schwager Ezechiel Pailhes bedienen sich hemmungslos aus allen Richtungen. Stimmlich ähneln sie Tom Waits, manche Songpassagen erinnern an seinen Soundtrack zu "Night on Earth", dazu kommen flirrende House- und Electrobeats, E-Gitarren und Computersamples, jeweils ohne offensichtlichen Zusammenhang, meist im unpassenden Moment, unberechenbar und dissonant - und dennoch wächst zusammen, was nicht zusammen gehört.
Die so entstandenen "Songs on the rocks" sind folglich eine Mutation, deren Ursprünge kaum noch zu erkennen sind - wie auch der Gesang. Abgesehen von den beiden ersten Titeln scheinen die "Songs on the rocks" auf Englisch gesungen zu werden, doch wirklich sicher ist man nicht, da man tatsächlich nichts versteht: Ezechiel Pailhes spricht überhaupt kein Englisch.
Ihre Musik, erzählten sie dem Magazin de:bug, das Nôze 2006 zum "drittbesten Live-Act der Welt" kürte, entstehe zunächst am Klavier, dessen Saiten sie mit diversen Gegenständen wie Kieselsteinen und Schrauben präparierten, um den Klang zu verfremden. Überhaupt nutzen Pailhes und Sfintescu allerlei Alltagsgegenstände für ihren Sound: Da muss auch schon einmal eine Registrierkasse als Percussion herhalten. Außerdem lieben sie dramatische Background-Chöre, die Stimmung von Spaghetti-Western
Im Verlauf des Albums kommen Nôze immer wieder auf ihr Eingangsmotiv "Danse avec moi" zurück. Eine der wenigen verständlichen Textzeilen in "Little bug" ist gleichsam Motto ihres eigenwilligen Konzepts: "You have to dance to know that you're alive". Von finnischer Polka über Techno und House bis zum Balkanpop reichen die Anleihen, gelegentlich wird es dramatisch ("Slum girl") - Nôze machen Musik für alle Lebenslagen, vorzugsweise jedoch für solche, in die man selber nicht geraten möchte ...
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Michael Frost, 26.04.2008