"Madagaskars 
          Kelly Family" spötteln Kritiker zuweilen, wenn sie es mit 
          N'Java, der Familienband zu tun bekommen, die im afrikanischen Inselstaat 
          ihr Zuhause hat. 
          Die hilflose Titulierung ist der untaugliche Versuch, die fünfköpfigen 
          Gruppe, die aus zwei Schwestern und ihren drei Brüdern besteht, 
          in bekannte, aber unpassende Schubladen zu stecken - und nicht nur, 
          weil die Familie mittlerweile in Belgien lebt. 
          Die 
            familiäre Herkunft ist damit geklärt; die musikalische längst 
            nicht. Ende der 80er Jahre fanden die Geschwister sich zur gemeinsamen 
            Musik zusammen. Madagaskar befreite sich gerade von der Okkupation 
            durch das eigene Militär und der durch das Regime verursachten 
            Isolation. Die alltäglichen Kämpfe der Menschen, Exil, Umwelt 
            - das sind die Themen, mit denen sich N'Java beschäftigen. 
          Rhythmische, 
            aber durchaus sanfte Beats, charakteristisch rauchige Vocals der beiden 
            Schwestern Monique und Gabrielle Raharimahala, und eine immer präsente 
            melodiöse Akustikgitarre machen N'Javas unaufgeregten und doch 
            groovenden Sound aus. In der Musik steht viel Gefühl und Leidenschaft, 
            das begreift man, auch ohne die fremdartige Sprache zu verstehen. 
            Ihre Quelle - "Source"- ist der Blues ebenso wie Hiphop, 
            traditionelle Folklore und ritueller Tanz, Jam-Session und Vokalgesang. 
            
          "Source" 
            ist bereits das zweite Album der Band. Es wurde in einem belgischen 
            Studio aufgenomen, trotzdem - (oder gerade deshalb ?) klingt es so 
            direkt, echt und ungefiltert, "es könnte genauso hinten 
            in deinem Garten oder bei voller Lautstärke bei irgendeinem großen 
            Festival stattfinden", wie John L. Walters, Rezensent der britischen 
            Tageszeitung "The Guardian" in seinem Kommentar des Albums 
            befand. Und er hat Recht. 
          Die 
            elektrisierenden Grooves des Geschwister-Quintetts funktionieren tatsächlich 
            auf jeder Bühne, in jedem Garten, in jedem Wohnzimmer. Und auch 
            das ist ein Unterschied zur "Kelly Family". Ein wesentlicher.
          Michael 
            Frost, 12. Januar 2002