Mit Bob Marley hörte die Weltmusik einst auf, Folklore zu sein. Sie wurde zur Emanzipationsbewegung der so genannten "Dritten Welt", deren Bewohner sich nicht länger bevormunden und ausbeuten lassen wollten: "Get up, stand up, stand up for you rights" lautete Bob Marleys Appell damals - dem viele junge Kollegen damals wie heute nur allzu gern folgten.
Vor allem in Afrika - von dort kam einst auch der Reggae nach Jamaika - fand Bob Marley großen Widerhall, und sicherlich ist es auch seiner Pionierleistung zu verdanken, dass die Musikwelt sich inzwischen auch für Musiker öffnete, deren Karriere nicht in der Szene europäischer oder US-amerikanischer Metropolen begann - sondern wie im Fall von Youssou N'Dour in den Clubs von Dakar, Senegal.
Was Marley für den Reggae war, ist Youssou N'Dour für die Musik Westafrikas: Er ist ihr berühmtester Botschafter, und mit "Dakar-Kingston" zieht N'Dour nun den Hut vor seinem Idol: Mehr als ein Dutzend Songs spielte er für das Album ein, und zwar alle im pulsierenden Reggae-Rhythmus.
Den Anfang macht "Marley", die offenkundige Hommage: "Auf dem Markt spielte man seine Musik den ganzen Tag lang // Marley war ein junger Mann // Er zeigte der Welt den Weg zum Reggae // One love, No Woman, no cry ..."
Videolink: Youssou N'Dour "Marley" / youtube
Neue, aber auch einige ältere Songs enthält "Dakar-Kingston", die von einer auch für die Verhältnisse des groovenden Afrobeats ungewohnten Leichtigkeit durchzogen sind - doch darin sind sich Reggae und Afrobeat einig: Hinter der fröhlichen Fassade der Beats, des polyphonen Chorgesangs, der Percussions und der Bläser kommt manch sozialkritisches Wort zum Vorschein, und bei diesem Album auch der direkte Verweis: "Wake up, stand up Africa" ruft Youssou N'Dour in "Africa dream again", einem Schlüsselsong des Albums, mit dem er der Erwartungshaltung des Publikums als gewichtigster musikalischer Stimme seines Kontinents nachkommt.
Umso unverständlicher ist es, dass die FIFA den offiziellen Song der ersten auf dem afrikanischen Kontinent ausgetragenen Fußball-WM von der gebürtigen Kolumbianerin Shakira singen ließ - "This time for Africa" als Motto hätte nämlich bedeuten müssen, den Song in afrikanische Hände zu legen - zum Beispiel in die von Youssou N'Dour.