Morcheeba war immer schon eine Band, an der sich die Geister schieden. Paul und Ross Godfrey formierten die Band mit der charismatischen Sängerin Skye Edwards als Downbeat-Projekt, doch während der insgesamt fünf Alben wechselten sie ihren Stil so häufig, dass die schließlich veröffentlichte Best-Of-Compilation "Parts of the Process" wie eine Zusammenstellung verschiedener Bands wirkte.
Die beiden Brüder experimentierten mit dunklen Triphop-Beats, was sie in die Nähe von Tricky und Massive Attack brachte, doch ebenso interessierten sie sich für Pop, Jazz, Latin und Electro. Eindeutig zuzuordnen war Morcheeba somit nie, und so teilten sich auch ihre Fans in verschiedene Fraktionen.
Umso spannender ist es also, wie das neue Album "Dive Deep" aufgenommen wird. Dass es überhaupt dazu kam, ist keine Selbstverständlichkeit, denn nach der Trennung von Skye Edwards hatte die Band ihre Stimme und das bekannte Gesicht verloren.
Auf ein neues festes Bandmitglied verzichteten Ross und Paul bislang. Auf "Dive deep" versuchen sie es statt dessen mit verschiedenen Gastsängerinnen und -sängern - nicht die einzige Parallele zu den bereits erwähnten Kollegen von Massive Attack. So erinnert bei "One love karma" nicht nur der Titel an das berühmte "Karma koma" ihrer britischen Kollegen. Der Rapper Cool Calm Pete gibt dem Song eine harte, eckige Note, unterlegt von treibenden Hiphop-Beats - ein starker Song und eine großartige Hommage.
Doch eine lupenreine Triphop-Band wollen Morcheeba auch 2008 nicht werden, obwohl dort vielleicht ihre besondere Stärke liegt, und so endet manch allzu gefälliger Song auch mal in seichten Gewässern. "Au-delà" etwa, ein französisches Popchanson, das von der gänzlich unbekannten Interpretin Manda gesungen wird. Sie hatte über myspace mit den Godfreys Kontakt aufgenommen.
Die zweite, ungleich markantere Frauenstimme des Albums gehört Judie Tzuke, ihr souliges Timbre erinnert wohl nicht zufällig an Skye Edwards, und den männlichen Hauptpart übernimmt - eine besondere Überraschung - der Norweger Thomas Dybdahl, nach vier Soloalben ein aufstrebenden Namen der skandinavischen Popszene, der neben seiner Arbeit mit Morcheeba gerade mit seiner neuen Band "The National Bank" für Furore sorgt.
Es bleibt Geschmackssache, ob man die Unentschiedenheit der Morcheeba-Brüder zwischen Triphop und Soulpop als stilistische Vielfalt feiert oder als gefälligen "Kessel Buntes" abtun möchte. Doch jeder Song ist sorgfältig komponiert und mit großer Liebe zum stimmigen Detail arrangiert, die ausgewählten Sänger unterstützen die jeweilige Richtung ungemein stimmig, und so lässt es sich vortrefflich tief eintauchen in die schöne, bunte Klangwelt von Morcheeba.
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Michael Frost, 02.02.2008