"Come
to my sweet melody" lautet eine Textzeile in "Sing it back",
einem der großen Hits der britischen Band Moloko. Die Beschwörungsformel,
deren Inhalt an das süßliche Säuseln der Schlange
Kaa im Dschungelbuch erinnert ("Trust in me ...") ist programmatisch
für die Verführungskünste von Moloko-Sängerin
Roisin Murphy.
Die
in Dublin geborene, inzwischen aber längst in London beheimatete
Roisin Murphy gehört neben Cerys Matthews (Catatonia), Alison
Goldfrapp, Shirley Manson (Garbage) und Beth Gibbons (Portishead)
wohl zu den charismatischsten Stimmen der britischen Rockszene. Dazu
ist ihre Bühnenpräsenz legendär: kaum ein Auftritt,
bei dem die stets betont schrill-geschmacklos gekleidete Murphy sich
nicht todesmutig von der Bühne in ihr Publikum stürzt, (die
eine oder andere Rippenprellung dürfte sie dadurch bereits erfahren
haben), während Keyboarder Eddie Stevens sein Instrument erklimmt
und die Konzertbesucher weiter anheizt ... Beispiel: Das Konzertzelt
auf dem Hurricane-Festival 2003 verwandelten Moloko in eine einzige,
begeistert und ausgelassen feiernde Masse, unvergessen für alle,
die dabei waren - es fehlte nicht viel, und das Zelt wäre aus
den Angeln gehoben worden.
Umso
bedauerlicher, dass Moloko, tatsächlich bestehend aus Roisin
Murphy und Mark Brydon, 2005 die Trennung bekanntgab. Und auch, wenn
Roisin Murphy schon kurz darauf mit ihrem ersten, über die Maßen
gelobten und von Matthew Herbert produzierten Solo-Album "Ruby
blue" für Furore sorgte, so hinterlässt der Split des
Duos dennoch eine Lücke.
Moloko
mit insgesamt vier veröffentlichten Alben steht nämlich
für eine brandaktuelle, innovative Form des Electro/Dancepop,
das seine Songs mit Tempo, raffinierten Gesangspartien (z.B. in "Pure
pleasure seeker") und rasanten Arrangements zu würzen verstand.
Ihren Sound entwickelten sie durch eine immer unvorhersehbare Mischung
der besten Elemente verschiedener Stile: Synthiepop, Dance, Trance,
Electronica, Soul, Funk, Triphop - und über allen Sounds funkelt
die Discokugel.
Das
Ergebnis ist weiterhin mitreißend. "Catalogue", die
quasi 'posthum' veröffentlichte Best-of-Moloko-Compilation mit
den dreizehn größten Hits der Band von "Where is the
what if the what is in way?" (1995) bis "Familiar feeling"
(2003) kann auf jeder Party ohne Unterbrechung durchlaufen - jeder
Song, selbst das düster-elegische "Statues" müsste
mit einer Hochspannungs-Warnung versehen werden, oder mit einem Hinweis
auf Suchtgefährdung, denn tatsächlich wirkt der Powerpop
von Moloko ähnlich hypnotisierend wie der Blick der Schlange
Kaa: "Come to my sweet melody ...".
"Catalogue"
erscheint mit einer Bonus-CD. Dabei handelt es sich um elf Songs des
Livemitschnitt aus der Brixton Academy 2003, der im vergangenen Jahr
bereits als DVD ("11,000 clicks") veröffentlicht wurde.
©
Michael Frost, 23. Juni 2006