"Dersert-Rock"
irgendwie, mitten aus den grünen Hügeln Norwegens. Eine Mischung aus
Tito & Tarantula und Jim Morrisson. Fast ist es, als hätte irgendjemand
die Zeit um ein paar Jahrzehnte zurückgedreht. Vielleicht ist sie
in Stokmarknes am Ende der Welt aber auch einfach nur stehengeblieben.
Madrugada
sind das wohl untypischste Rock-Quartett unserer Zeit. Sie klingen
nach den Doors und dunkel, tragisch und sinnlich-melancholisch sowieso.
Handmade Music pur in einer Variation, die man fast schon vergessen
hatte. Dabei sind die vier gerade mal Mitte zwanzig und lagen zu den
Blütezeiten ihrer musikalischen Inspirationsquellen noch in den Windeln.
Mit
minimalistischer Instrumentation, nur Drums, Bass und Gitarre, spielt
die skandinavische Combo gegen die derzeit angesagte Elektro-Welle
an, und die warme Baßstimme von Sänger Sivert liegt schwer über der
atmosphärisch dichten Szenerie und entführt den Hörer irgendwo in
eine nächtliche Einsamkeit. Oder entläßt ihn in die Madrugada, die
blaue Magie der spanischen Morgendämmerung.
Auf
"The Nightly Disease" gibt's keinen Designer-Pop und keinen NuMetal,
keine Samplings oder Synthie-Parts, sondern zwölf psychedelische Tracks.
Doch so sehr die Songs auch beachtliche hypnotische Energien aufweisen:
Die Band als "Psychedelics" abzutun, wäre zu einfach. Das Album ist
durchdrungen von von folkloristischem Understatement, und auch Einflüsse
aus Blues, Country, Soul und Gospel scheinen, ihre Spuren hinterlassen
zu haben.
Klang
das selbstproduzierte 99er Debut "Industrial Silence" der Norweger
noch wie das Album einer durchschnittlichen Band, so haben Madrugada
mit dem Nachfolger ihren Stil gefunden. Die neue CD hat die typisch
norwegische Soundkennung: Songs, die so düster sind wie eine subpolare
Winternacht, so kraftvoll und unerbittlich wie ein Eissturm und doch
durchzogen von hoffnungsschimmernden Fäden des gesamten Lichtspektrums.
Die
glatten Sounds mit schmutzigen Beats und häufigen Tempowechseln, mal
dynamisch, mal getragen, sind stets stimmungsvoll und heben pointiert
die Stärken der Band hervor. Und die liegen ganz unverkennbar in kantiger,
sinnlicher Old-School-Rockmusik: Die Songs der Nordlichter handeln
von nachtaktiven Kreaturen, ihren Sehnsüchten, vom Verzweifeln an
der Liebe und fressen sich ganz tief in die innersten Seelenschichten
hinein.
Zugegeben: frei von Pathos sind Madrugada sicherlich nicht, doch erfreulicherweise
driften sie beim Leiden mit Leidenschaft nicht ins Esoterische ab
und den einen oder anderen "Säusel-Ausrutscher" verzeiht man ihnen
in Anbetracht des "magic touch" gern.
"Madrugada:
The nightly disease" ist eine Gast-Kritik
von Inga Stumpf / Juni 2001
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