"Meine
musikalischen Einflüsse umfassen Billie Holiday, Chavela Vargas,
Tom Waits, Cucu Sanchez, Maria Callas, Victor Jara und Jacques Brel."
Das sagt Lhasa de Sela anlässlich der Veröffentlichung ihres
CD-Debüts mit "La Llorona", benannt nach einer mexikanischen
Figur, deren Wurzeln in der aztekischen Mythologie fußen.
Lhasa
de Sela selbst hat, so scheint es, Wurzeln überall auf der Welt.
Geboren wurde sie in der Umgebung New Yorks, ihr Vater ist ein in
den USA lebender Mexikaner, während die Mutter eine US-Amerikanerin
ist, die die Hälfte ihres Lebens in Mexiko verbracht hatte. Lhasas
insgesamt neun Geschwister und Halbgeschwister sind über den
ganzen Globus verstreut, drei ihrer Schwestern arbeiten in Europa
beim Zirkus.
Lhasa
de Sela wuchs mehr oder weniger im Bus auf, mit dem ihre Familie zwischen
den USA und Mexiko unterwegs war, bis sie für sieben Jahre in
Mexiko, danach in San Francisco sesshaft wurden. In San Francisco
hatte Lhasa ihre ersten Auftritte. Später, während eines
Besuchs in Montreal, lernte sie Yves Desrosiers und Mario Legare kennen,
mit denen sie sich zunächst an alten Jazz-Standards versuchte,
später an alten mexikanischen Balladen, wie sie nunmehr auf dem
bemerkenswerten Album "La Llorona" zu hören sind.
Das
Album ist jedenfalls ungemein melodiös, energetisch, letztlich
aber auch immer ein bisschen geheimnisvoll, mysteriös, was nicht
zuletzt an Lhasas tiefgründiger und ausdrücksvoller Stimme
liegt, die "La Llorona" die ganz besondere Aura verleiht.
Aufgenommen
wurde überwiegend in Lhasas Küche. Die improvisierte Umgebung
wirkt sich auf den räumlichen Klang des Albums positiv aus und
verleiht dem Unternehmen eine hohes Maß an Direktheit. Einordnen
kann man das Ergebnis nur schwerlich: So unterschiedlich wie die musikalischen
Vorbilder Lhasa de Selas, so unterschiedlich ist auch das Ergebnis
ihrer eigenen Musik, und lässt sich, viel- und nichtssagend gleichermaßen,
irgendwo zwischen französischem Chanson und mexikanischen Mariachis
unterbringen. Wir empfehlen: Dieses Album passt sowieso in keine Schublade,
also lassen wir es einfach im CD-Player weiterlaufen !
MF
/ 3. November 2001