Als
die beiden Musikjournalisten Rolf Witteler und Oliver Fröschke
2002 die erste "Le Pop"-Compilation veröffentlichten,
geschah dies mit dem ausdrücklichen Ziel, vor allem französische
Musiker nach Deutschland zu bringen, die bei uns zu diesem Zeitpunkt
noch völlig unbekannt waren. Und so staunte man nicht schlecht
über Dominique A., Francoiz Breut, Matthieu Boogaerts, M, das
Gespann Benjamin Biolay & Keren Ann - um nur einige zu nennen.
Im
vergangenen Jahr ließen Witteler und Fröschke ihrer Compilation
eine weitere folgen. Le Pop ging in Serie, nicht nur als Sampler,
sondern auch als Marke: "Le Pop" ist der Name des eigens
gegründeten Labels, auf dem fortan nicht nur die Compilation,
sondern auch Alben einzelner Künstler veröffentlicht werden
sollten. So erschien im Frühjahr 2004 mit "Pétit
cosmonaute" erstmals eine CD des in Kanada lebenden Franzosen
Jérôme Minière in Deutschland, der sich im Rahmen
von "Le Pop en tour" sogar live präsentierte.
Angesichts
zahlloser weiterer frankophoner Veröffentlichungen diverser Plattenfirmen
stehen Witteler und Fröschke jetzt vor einem Problem: die von
ihnen protegierten Musiker sind inzwischen alles andere als unbekannt.
Benjamin Biolay veröffentlichte bereits sein drittes Album in
Deutschland, Keren Ann feierte ihr internationales Debüt mit
einer englischsprachigen Produktion. Auch Dominique A. konnte sein
aktuelles Album bei uns veröffentlichen, und jüngst machten
deutsche Musikhörer auch Bekanntschaft mit M, Helena und Miossec.
Sowohl
die Major Companies als auch Independent-Labels bedienen das gewachsene
Interesse der Deutschen für die aktuelle Szene ihrer Nachbarn.
Schließlich wurde Frankreich sogar Partnerland der diesjährigen
Popkomm in Berlin.
In
der Flut von Veröffentlichungen wird es also immer schwieriger,
eigene Akzente zu setzen. Doch Fröschke und Witteler sind Experten
auf ihrem Gebiet, und inzwischen verfügen sie über ausgezeichnete
Kontakte. Vielleicht hat es sich in Frankreich herumgesprochen, dass
der Auftritt auf einer "Le Pop"-Compilation ein formidables
Karrieresprungbrett sein kann. Und so ergab es sich, dass Sänger
wie Albin de la Simone den beiden für ihr neues Projekt sogar
bislang unveröffentlichtes Material zur Verfügung stellte.
Um
der Falle der Wiederholung zu entgehen, konzipierte das "Compiler"-Duo
Fröschke/Witteler "Le Pop 3" als Duett-Album. Folgerichtig
heißt es deshalb "Le Pop en duo" und enthält
einige der beeindruckendsten Kooperationen französischer bzw.
französischsprachiger Musiker der jüngsten Zeit.
Allerdings
auch solcher, die gar kein Französisch können: die Kanadierin
Feist etwa, die auf "Le Pop en duo" mit Albin de la Simone
in dem wunderschönen Titel "Elle aime" zu hören
ist. Der Text sei ihr in Lautschrift übersetzt worden, erzählen
Fröschke und Witteler, und Feist habe kein Wort verstanden. Dafür
klingt das Ergebnis umso schöner.
Andere
haben schon längst verstanden. Jane Birkin beispielsweise. Nach
ihrem Erfolg mit "Arabesque" veröffentlichte sie, die
für sich in Anspruch nehmen kann, eines der aufregendsten Duette
der Musikgeschichte aufgenommen zu haben ("Je t'aime ... moi
non plus" mit Serge Gainsbourg), jüngst selbst ein ganzes
Album "en duo" ("Rendez-vous"). Mit dem witzigsten
Beitrag ihrer Produktion, "Je m'appelle Jane", einem Duett
mit Mickey 3D, ist sie auch auf "Le Pop en duo" vertreten.
Natürlich
darf auch das Traumpaar der Nouvelle Scène nicht fehlen: Das
Ehepaar Benjamin Biolay & Chiara Mastroianni, die im Frühjahr
ihr erste gemeinsame CD"HOME" veröffentlichten - eins
der gelungensten Songwriter-Alben des Jahres. Und auch andere Namen
kommen einem mittlerweile leicht über die Lippen: Pascal Parisot
(mit Frédérique Dastrevigne), Katerine (mit Erin Morane),
Francoiz Breut (mit ihrem Ex-Partner Dominique A.).
Das
Duett, erklären Frösche und witteler, gehöre zum festen
Repertoire der französischen Musikszene: "Die Einladung
anderer Künstler ans Mikro gehört quasi zum guten Ton, viel
selbstverständlicher als das etwa in Deutschland der Fall ist."
Auf "Le Pop en duo" lassen sich die Vorteile solcher Kooperationen
wunderbar nachvollziehen. Wenn Künstler, gerade über die
Grenzen ihres Genres hinaus, zusammen arbeiten, dann entsteht in der
Regel etwas Neues, ein kreativer Zugewinn, der für die kontinuierliche
Weiterentwicklung des jeweiligen Spektrums sorgt.
Dieses
Kunststück gelingt auch "Le Pop en duo" selbst. Wir
verstehen nicht nur den Sinn der Zusammenarbeit teilweise ganz unterschiedlicher
Interpreten, wir erleben inzwischen bekannte Künstler in neuen
Zusammenhängen, lernen darüber hinaus jedoch erneut neue
Stimmen kennen: Alixs HK, Jeanne Cherhal, Stefie Shock oder Sébastien
Martel.
Nur
einmal muss das "Le Pop"-Duo etwas schummeln, allerdings
im Dienste der guten Sache. Einer der schönsten Titel der Compilation
ist nämlich streng genommen gar kein Duett, sondern ein Trio.
"Veruca Salt et Franck Black" heißt das Stück,
und gesungen wird es von Vincent Delerm, Keren Ann und Dominique A.
Vielleicht die Vorboten für "Le Pop en trio"? Man darf
gespannt sein.
Michael
Frost, 14. Oktober 2004
01. Pierre Bondu & Julie B. Bonnie - Raisonnable
02. Pascal Parisot & Frédérique Dastrevigne - Tout
va bien
03. Jérôme Minière & Karine Vanasse - L'histoire
des espions
04. Stefie Shock & Suzie McLellan - Les Averses
05. Home (Benjamin Biolay & Chiara Mastroianni) - Folle de toi
06. Albin de la Simone & Feist - Elle aime
07. Katerine & Erin Moran - Parlez-vous anglais, Mr. Katerine?
08. Sébastien Martel & Camille - Dumb VF
09. Jane Birkin & Mickey 3D - Je m'appelle Jane
10. Toma & Api - L'amour à la plage
11. M & Céline - J'ai une pensée
12. Vincent Delerm & Keren Ann & Dominique A. - Veruca Salt
et Franck Black
13. Jeanne Cherhal & Albin de la Simone - Ces mots stupides
14. Dominique A. & Francoiz Breut - Le 22 Bar
15. Alexis HK & Marianne Feder - Son histoire
16. Jeanne Cherhal & Jacques Higelin - Je voudrais dormir