Unverkennbar: Sein prägnanter Stil aus Country, Folk und Blues macht Amos Lee jederzeit als Amerikaner identifizierbar. Entsprechend reichen die Referenzen, mit denen er verglichen wird, von Marvin Gaye bis J.J. Cale. Und doch ist da etwas in seiner beharrlichen Stimme und der leise gezupften Gitarre, das an europäische Songwriter, etwa David Gray, erinnert. Aus dieser vielseitigen Ausrichtung scheint "Last days at the lodge" seine Spannung zu beziehen.
Es ist bereits das dritte des 31-jährigen Lehrers aus Philadelphia für das Blue Note-Label, und für die Aufnahme konnte er eine ganze Reihe renommierter Begleitmusiker gewinnen, die ihre Meriten an der Seite von Berühmtheiten wie Bill Whithers und Eric Clapton erworben hatten. Die Produktion übertrug er dem berühmten Don Was, dem es meisterhaft gelang, das besondere Charisma Amos Lees hervorzuheben.
"Ease back", ein Stück gegen Ende des Albums, ist in dieser Hinsicht beispielhaft: Amos Lee singt die melancholische Ballade mit unverstellter Stimme, bedächtig, aber markant, während ein filigranes Wechselspiel von Pedal Steel und Banjo die spielerische Leichtigkeit eines Countrysongs verleiht.
So fällt die schlussendliche Einordnung Amos Lees mehr als schwer. Seine Musik ist Blues und Pop gleichermaßen, und dennoch ist er weit davon entfernt, dem aalglatten Bluespop, wie er seit Urzeiten die Radioprogramme füllt, nachzueifern. Seine Musik ist Country und Ballade, aber niemals kitschige oder gar reaktionäre Westernromantik. Es ist die Begeisterung des Songwriters für den Jazz, die diesem Album seinen besonderen Charakter gibt. Für die kurzfristige Hochjubelei durch die Szenemagazine ist er dabei vielleicht zu wenig hip oder spektakulär, doch langfristig ist er mit seiner stilsicheren Gratwanderung auf der sicheren Seite.
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Michael Frost, 21.10.2008