Vor zwei Jahren erhellte Nils Landgren den ansonsten ziemlich trüben Himmel der Weihnachtsmusik. Sein mit vielen Freunden und Kollegen eingespieltes Album "Christmas with my friends" wurde von Kritik und Publikum einhellig bejubelt. Endlich, endlich war es einem Weihnachtsalbum gelungen, die eigentliche Essenz der Weihnachtszeit - "stilles, friedliches Glück und Freude" (Landgren) - fühlbar zu machen. Der schwedische Jazz-Posaunist hatte das Album im Jahr zuvor live in einer alten Stockholmer Kirche aufgenommen. Es wirkte noch nicht einmal kitschig, als Musiker und Publikum zum Abschluss gemeinsam die schwedische Fassung von "Stille Nacht" sangen.
Angesichts des Erfolges war fast zu erwarten, dass Landgren sich zu einer Fortsetzung entschließen würde. Nun ist "Christmas with my friends 2" erschienen, begleitet von einer vorweihnachtlichen Tour durch deutsche Kirchen und Konzerthäuser. Das Ensemble hat sich nur geringfügig geändert. Jonas Knutsson (Saxophon) und Johan Norberg (Gitarre) waren schon bei der ersten Aufnahme dabei. Der damalige Bassist Lars Danielsson wird nun durch die Berlinerin Eva Kruse (Bass) ersetzt. Neben Landgren selbst (Posaune) sind dies jedoch schon die einzigen Instrumente. Gemeinsam interpretieren sie schwedische und internationale Weihnachtslieder in klarer Reduktion; introspektiv, aber nicht sentimental; feierlich, aber nicht pathetisch. "In dulce jubilo" etwa erklingt hier nicht als lärmender christmas pop, sondern als zurückhaltene, fast schüchtern wirkende Jazz-Improvisation.
Für den Gesang lud Landgren vier bewährte Freundinnen ein, die ebenfalls das erste Album mit unterschiedlichen Stimmfärbungen prägten: die Jazz-, Soul- und Blues-Sängerinnen Jessica Pilnäs und Sharon Dyall, Sopranistin Jeanette Köhn, aber vor allem Ida Sand - die vor zwei Jahren noch Ida Sandlund hieß, seit ihrem anschließenden, hoch gelobten Debütalbum ("Meet me around midnight") eine internationale Karriere als Soul-Interpretin begann. Das einzige Lied, in dem alle vier gemeinsam auf das Instrumentalensemble treffen, wird prompt zum atmosphärischen Höhepunkt und stimmiger Umsetzung ihres Themas: "Jul, jul, strålende jul".
Doch im Unterschied zu der Betonung sakraler Elemente auf dem ersten Album steht auf "Christmas with my friends 2" der Jazz im Vordergrund. Es mag die Studioatmosphäre sein, die diesem Album seinen überraschend nüchternen, gegenüber dem Vorgänger nochmals deutlicher auf die Essenz der Musik reduzierten Klang gab. Dabei gewährte Landgren seinen Freunden und sich selbst so viel Freiheit, dass schließlich nicht mehr das Weihnachtslied selber, sondern die Variation im Vordergrund steht: das einzelne Instrument, die Kommunikation zwischen den Musikern, der Gesang. So geht das Album dann stimmigerweise auch nicht mit einem gemeinsamen Crescendo zu Ende, sondern mit der nochmals verdichtet intimen Atmosphäre von "Peace on earth", interpretiert von Sharon Dyall mit Ida Sand am Klavier.
Lediglich auf die vorzügliche Gesangsstimme Nils Landgrens, die er in ähnlicher Weise zu modulieren weiß wie seine Posaune, muss man - abgesehen von dem Eröffnungsstück "A child is born" - verzichten. Ansonsten bleibt es eine Geschmacks-, vor allem jedoch Stimmungsfrage, ob man der festlichen Stille des ersten Albums oder der nordisch-klaren Atmosphäre des Nachfolgers den Vorzug gibt. Nils Landgren jedenfalls gebührt Bewunderung und Anerkennung dafür, dass es ihm nun zum wiederholten Mal gelungen ist, die "Essenz der Weihnachtszeit" hör- und spürbar zu machen.
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Michael Frost, 17. Dezember 2008