Viele
Deutsche glauben ja, Belgien habe außer beleuchteten Autobahnen
wenig zu bieten. Obwohl in direkter Nachbarschaft, dringt nur selten
kulturelles Leben über die Grenzen zu uns. Mit Laïs, einem
viel versprechenden Vokal-Trio, das aus drei talentierten jungen Frauen
besteht, ist das leider nicht anders. Im Gegensatz zu ihrem Debüt
vor zwei Jahren wurde ihr neues Album "Dorothea" in Deutschland
noch gar nicht veröffentlicht - aber das kann sich ja ändern
!
Der
Begriff "Laïs" stammt aus dem Mittelalter und bezeichnet
eine erotische Variante des Minnesangs, also des Liebesliedes. Jorunn
Bauweraerts, Annelies Brosens und Nathalie Delcroix, Freundinnen seit
der Kindheit, greifen aber nicht nur diese historischen Vorlagen und
traditionelle Folklore aus Flandern, Wallonien und Frankreichfür
ihre Produktionen auf, sondern ergänzen sie um eigene, aktuelle
Kompositionen.
Ihre
ersten Erfahrungen sammelte das Trio bei Live-Auftritten auf Folk-Festivals
in Belgien. In den Kulturzentren Flanderns traten sie gemeinsam mit
Clannad, Värttinä und Emmylou Harris auf, bis sie schließlich
beschlossen, ihre erste CD zu produzieren. Ihre musikalische Verwandtschaft
sehen die drei in der Folklore Schottlands, Schwedens, Italiens, Irlands
und natürlich Flanderns. So enthielt die erste CD u.a. Coverversionen
von Sinéad O'Connor, Cantovivo und Jacques Brel.
Auf
"Dorothea", ihrer zweiten Produktion, setzen Jorunn, Nathalie
und Annelies den erfolgreich begonnenen Weg fort und präsentieren
mehrsprachig traditionelle Folklore aus ganz Europa in neuem, atmosphärisch
dichtem Gewand, wechselnd zwischen Kompositionen aus der Renaissance
wie "Belle" von Thoinot Arbeau (1520-1595), sanften Balladen
("De valse zeeman"), bretonischer Folklore ("Le renard
et la belette"), Acapella-Stücken ("Klaas") und
rhythmischem Folkrock ("De wanhoop").
Die
traditionellen Lieder sind vorsichtig in die Gegenwart übertragen
worden und werden von sich ergänzenden akustischen und wenigen
elektronischen Instrumenten begleitet. Die Arrangements sind mit Bedacht
gewählt und bewahren den ursprünglichen Charakter der Lieder,
gewinnen ihnen aber immer neue, ungehörte Seiten ab. Die Stimmen
der drei Frauen klingen so frisch, jung, harmonisch und natürlich,
dass es eine wahre Freude ist ihnen zuzuhören.
Schade,
dass dem deutschen Publikum diese Musik noch immer vorenthalten wird
- aber im Zeitalter von Binnenmarkt und Internet zum Glück kein
wirkliches Hindernis mehr:
"Dorothea" ist in allen Benelux-Ländern veröffentlicht
worden (seit dem 22.05.2001 auch in Frankreich) und kann auch über
die Website von Laïs bestellt werden.
©
Michael Frost / 30.06.2001