Femi Kuti setzt das Werk seines Vaters, des nigerianischen Musikers und Oppositionellen Fela Kuti, fast nahtlos fort. Gemeinsam mit seiner Schwester betreibt er in Lagos den Club "Shrine" - Familie Kuti ist eine Dynastie des Afrobeat, pulsierenden, nimmermüden Polyrhythmen, die eigentlich nur unter Live-Bedingungen zur vollen Entfaltung gelangen.
Nun ist "Day by Day" zwar ein Studioalbum, doch alles daran klingt nach Liveaufnahme. Sodi, der Pariser Produzent von Femi Kuti, hat ganze Arbeit geleistet. Ein charismatischer Bandleader, Chorgesang, eine schmetternde Bigband, gebetsmühlenartig wiederholte Loops, und alles in rasantem Tempo - Femi Kuti will sein Publikum aus den Sitzen reißen, es aufrütteln und zum Handeln zwingen. So wie die Musik zum Tanzen reizt, so haben auch seine Texte appellativen Charakter.
Er belässt es nicht bei der Klage, sondern fordert direkt auf: "You better ask yourself" - Frag dich selbst, warum immer nur geredet und nicht gehandelt wird, warum die Armen ärmer werden, während die Reichen bloß reden. Selbst demokratische Systeme scheinen ihm als nicht erfolgversprechend, wenn es darum geht, Fortschritt zu erreichen ("Demo crazy").
Femi Kutis Musik ist gespickt mit einfachen, klaren Botschaften. Er zelebriert den Ruhm seines Vaters ("They will run"), den er als "einzig Aufrechten" bezeichnet und (zu Recht) in eine Reihe mit Jazzgrößen wie Miles Davis und Dizzy Gillespie stellt ("Do you know?").
Auch "Day by day" ist ein Jazz-Album. Es spielt mit den verschiedenen Elementen afrikanischer und afroamerikanischer Musik, bedient sich im Fundus von Jazz, Blues, Soul und Funk, verdichtet sie - bei aller Vielstimmigkeit - zu einem homogenen, kraftvollen Sound, in dessen Mittelpunkt immer wieder die Bläser stehen, meist als Ensemble, doch gelegentlich auch mit herausragenden Solo-Leistungen.
Fela Kuti war nicht nur Musiker, sondern auch Sprachrohr der Opposition in Nigeria und anderen afrikanischen Ländern. Sein Sohn Femi eifert ihm auch in dieser Hinsicht nach. Seinen Linernotes zum Album nach zu urteilen, korrespondiert sein Anspruch mit der Erwartungshaltung seines Publikums. Er wäre nicht der erste Künstler, der sich in den Dienst von Bürgerrechten und gerechter Verteilung der Reichtümer Afrikas stellt. Denn auf dem gebeutelten und geplünderten Kontinent mag man diese Aufgabe wirklichen Politikern am allerwenigsten überlassen. Gut, dass auch der Sohn diese Tradition der Kuti-Dynastie fortsetzt.
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Michael Frost, 14.10.2008