Er
wird als "das Sexsymbol der jungen deutschen Rock`n`Roll-Generation"
angepriesen, man könnte ihn aber auch als die geilste Musikal-Nudel
der Nation betiteln. Michael Krebs, 1974 auf die Welt gekommen, ist
als lecker, blond und nett zu beschreiben, spricht als Schwabe sogar
Hochdeutsch, ist obendrein multi-musikalisch einzustufen und in der
Lage, die Frauenwelt mit seinem Vortrag von "Ballade pour Adeline"
so dermaßen in den Boden zu pianieren, dass ihm die schärfsten
Bräute der Hansestadt und umzu scharenweise zu Füßen
fallen. Einfach zu sagen, er würde sie (musikalisch) mit seinem
Instrument flach legen, wäre zu vulgär und zu simpel gestrickt.
Ladies, wir behandeln hier ein absolutes Liebhaberstück, das
nicht nur singen, sondern auch kochen kann. Michael Krebs, ein professioneller
Bessermann? Das bleibt zu ergründen. Krebs selbst sagt zum Thema:
"Ich will noch viel mehr Sex auf der Bühne haben".
Michael
Krebs stammt ursprünglich aus Neu-Kupfer, welches in der noch
immer idyllischen Spätzle-Hochburg, dem Schwabenland liegt. Irgendwas
zwischen Sex, Musik und Neugier zog ihn 1993 ins ferne Hamburg hinaus,
wo er bis heute weilt, eilt und mit seinen Werken heilt. Um seiner
ersten großen Liebe Melanie zu imponieren, lernte er wie doof
Piano zu spielen. Dieses betrieb er allerdings so dermaßen virtuos
und penetrant erfolgreich, dass er uns heute schon sein erstes Live-Album
mit dem offenbar treffenden Titel "Vom Wunderkind zum Spätentwickler"
auf den Tisch des Hauses zimmert, und das so gar nicht leise.
Bekannt
wird dem einen oder anderen uns Herr Krebs durch seine Kabarett-Engagements
z. B. in Thomas Hermanns` Quatsch Comedy Club, dem Hamburger Schmidt`s
Theater, bei Nightwash undsoweiterundsofort. In Hamburg lädt
Michael seit einiger Zeit alle zwei Monate in seinen Spätzles-Club
ein, eine Songwriter-Runde, bei der musiziert und natürlich gleichzeitig
Schwäbisches Gold nach Muttis Rezepturen gekocht wird: Spätzle
satt (das entsprechende Rezept findet sich auf Michaels Webpräsenz).
Eine Veranstaltung, die sich bereits kohlenhydratigen Kult-Status
ersungen hat. Michael Krebs heimste außerdem einige sehr interessante
Kabarett- und Kleinkunstpreise ein.
Den
Rest seiner persönlichen Story, seine schönsten und schlimmsten
Momente, alles über Michaels Liebe und Hass, seine Stärken
und Schwächen und sogar über Mutti erfährt man auf
seiner ersten CD "Vom Wunderkind zum Spätentwickler",
einer Mischung aus eigenen Songs, Kabarett und gecoverten Liedern,
die er erstmal richtig aufgemöbelt hat. Sehr gerne bedient sich
Michael Krebs den Werken des einst legendären Schmuse-Komponisten
Richard Clayderman, die sich interessanterweise auch immer wieder,
mal penetrant gewürzt, mal eher dezent verkleidet in seinen Nummern
wieder finden. Vermutlich ereilt den echten Clayderman-Hasser eine
fette Paranoia während der Shows von Michael Krebs. Aber wen
schert das schon, wenn man drüber lachen kann, weil Michael auch
diesen "Ausrutscher" sehr wahrscheinlich wieder spontan
spaßig verpacken wird.
Michael
Krebs versteht es bestens, sein Publikum in seinen Bann zu ziehen,
sie mit seinem "lach dich scheckig-Humor" musikalisch anzufixen,
ob er nun über die hässliche Nudel von Heinz sinniert oder
darüber, dass man ihm bei ALDI Hausverbot erteilt hat oder gar
darüber wie sein Opa junge Dinger anbaggert. Das wohl künstlerisch
wertvollste Werk auf "Vom Wunderkind zum Spätentwickler"
ist "Das Clayderman-Konzert". Hier zeigt Michael, dass man
auf dem Piano einen Song spielen kann, zu dem man aber einen ganz
anderen Song singt. Das ist wahres Können und sucht Seinesgleichen.
Wunderschön erklingt "Rote Rosen", angelehnt an "Für
mich soll`s rote Rosen regnen" von Hildegard Knef, erfrischend
jazzig ausgeführt und neu getextet. Die Texte von Michael Krebs
sind gekonnt zusammengeschrieben und charmant bis humorvollst vorgetragen,
oftmals klug und zum Nachdenken bestimmt ("Beraterparadies")
mit dem Ergebnis, dass keine Lidfalte trocken bleibt und man sich
hemmungslos beömmeln kann, bis sich die Lippen blau färben.
Diesen Zustand erreicht man am schnellsten, wenn man die Nummern erwischt,
die mit schwäbischem Dialekt gespickt sind.
Ich
persönlich bekomme durch diese CD eher so ein gewisses "back
to the roots"-Erlebnis: in frühester, pickeliger Jugend
kaufte ich mir einst eine Ellpee vom Kleiderschrank, das war in irgendeinem
dieser Sonderpostenlädchen, die damals aus der Erde schossen.
Und schon dieses Exemplar lange, lange her war eine recht ausgelutschte
Best of vom Richard Clayderman, wohl auch seine einzige, aber ich
war mächtig stolz darauf, eine zu besitzen. Ja, nicht lange später,
dann passierte die Ära "Ich schäme mich dafür",
dann die mit dem "Lach lieber drüber"-Ding und jetzt
ja jetzt das große Memoiren der besonderen Art.
"Vom
Wunderkind zum Spätentwickler" ist das Spass-Debütalbum
eines Unterhaltungskönners, den man sich unbedingt merken sollte,
weil er klug und echt ist. Michael Krebs ist ständig unterwegs
mit seinem Programm und offenbar bereit, die Nation zu erobern. Ein
Mann, ein Piano, eine Tröte, eine ALDI-Tüte.
Wenn
man diese CD kauft, kauft man etwas, was einem gehört, diese
CD, was auch immer sie einem zu sagen hat, ist ein Teil von einem
selbst, man nimmt sie, steckt sie in das Abspielgerät und zwar
nur, weil man eine Bestätigung seiner eigenen Gedanken sucht
(und findet). "Vom Wunderkind zum Spätentwickler" schafft
puren Kleinkunst-Regen, gegen den man sich man eh nicht schützen
kann, indem man seinen Schirm aufspannt. Also
aufsaugen und
sich mal herrlichst unterhalten lassen.
"Michael
Krebs: Vom Wunderkind zum Spätentwickler"
ist ein Gast-Beitrag von Tina Hahn.
© Tina Hahn, März 2006
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