Diana
Krall zu hören, ist wie ein Dejavu: "Mit ihrer atemberaubenden
Einfachheit entwickelt sie eine Verführungskraft, die
zunimmt, je öfter man ihr zuhört." So unser
Fazit bei ihrem Songwriter-Album THE GIRL IN THE OTHER ROOM,
in dem sie die Begegnung mit ihrem Lebenspartner Elvis Costello
feiert.
Mit
ihrem neuen Album kehrt Diana Krall zu ihrem ursprünglichen
Erfolgsrezept zurück, versammelt sie doch Standards aus
dem Füllhorn des Great American Songbook, darunter Stücke
von Irving Berlin, George Gershwin, Richard Rogers, Stücke,
die vom Hamilton Jazz-Orchester regelrecht klassisch begleitet
werden, und diese elf Nummern klingen derart locker, unverkrampft
lässig, sie swingen so wundersam beglückend, als
wollten sie - beispielsweise - direkt ins nächtlich verschneite
New York führen, nicht in irgendeine Form von Realität,
sondern in eine idyllische Traumstadt, in eine Welt, in der
- wenigstens für die Dauer dieser Musik - nur der Augenblick
zählt.
"Dieses
Album fällt mit einer glücklicheren Phase meines
Lebens zusammen", sagt die 42-Jährige im Presse-Info,
"die Musik reflektiert, wie ich mich im Moment fühle
... die Freude, die mir meine Ehe und meine Familie bereiten."
Nicht zufällig hat die kanadische Sängerin und Pianistin,
die gerade ihr erstes Kind erwartet, Cole Porters "From
this moment on" zum Titelsong des Albums gemacht. Sie
besingt die glücklichen Augenblicke, nicht die lonely...,
sondern die "lovely days" , sie sagt mit Ira &
George Gershwin "I was doing allright", und ihr
Quartett - mit dem Gitarristen Anthony Wilson, der hier ein
elegantes Solo hinlegt, mit dem sensiblen John Clayton am
Bass und einem stets diskreten Jeff Hamilton am Schlagzeug
- hilft ihr dabei, dieses Gefühl geradezu betörend
zum Ausdruck zu bringen.
Standen
in "The Girl in the other room" die melancholischen
Farben im Vordergrund, singt sie hier - in Cole Porters Zeilen
- "No more blue songs/Only whoop-dee-doo songs".
Mit der lasziven Trägheit ihrer Stimme beglaubigt sie
jedes Wort dieser Feeling-good-Musik, in die man sich fallen
lassen kann wie in ein daunenweiches Federbett.
Zur
stimmigen Atmosphäre dieser Aufnahmen tragen nicht zuletzt
die Bigband-Arrangements bei, in denen die Instrumentalisten
mit geschmeidigen, wie hingetupft wirkenden Soli glänzen
und die klassischen Nummern in ein nostalgisch gefärbtes
Licht tauchen. Die Musiker um den Drummer Jeff Hamilton, der
mit Diana Krall im Jahr 2001 schon den Millionenseller "The
Look of love" einspielte, berufen sich auf den minimalistischen
Meister des Swing, Count Basie.
Und
dennoch wirken diese alten Songs niemals museal, sondern sehr
frisch, sehr lebendig, und - ob langsame oder schnelle Tempi
angeschlagen werden - stets so, dass man aus den Federn fallen
und mitswingen möchte. Diana Krall erzählt, sie
habe zur Vorbereitung ihres Albums Fred-Astaire-Nummern gehört
und etliche seiner Filme gesehen, und so klingen diese Aufnahmen
genauso elegant und heiter, so entspannt, so knapp über
dem Boden der Realität schwebend wie ihr unvergessener
Bruder im Geist es ihr und uns vorgemacht hat.
©
Hans Happel, 10. Dezember 2006