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Manch melancholischer
Zwischenruf

von Hans Happel


Mit ihrem Album "so lost in peace" hat sie gezeigt, dass sie zu den profiliertesten Sängerinnen der deutschen Jazz-Szene gehört, und das nicht nur wegen ihrer charakterstarken Stimme, die virtuos Tonlagen und Tempi wechseln kann, sondern wegen der Intensität ihres Ausdrucks, mit dem sie komplexe Songstrukturen in eindringliche Klangbilder verwandelt.

Dunkel und düster waren die meisten Songs auf "so lost in peace", die Ulita Knaus selbst geschrieben oder gecovert hatte. So dunkel wie ihre aufwühlende Version von "manic depression". Mit dem Jimi-Hendrix-Titel hatte sie einen Punkt erreicht, von dem aus sie eine andere Richtung einschlagen musste. Sie musste weiterreisen. Aber wohin?

Die 36-jährige Wahlhamburgerin sagt es im Presse-Info zu ihrer neuen CD so: "Das Album hat deutlich eine gewisse Leichtigkeit und eine positive Grundhaltung." Zu dieser Leichtigkeit habe ihr ein Ortswechsel verholfen. Eine Reise nach Ägypten, wo sie am roten Meer zwischen Fischen schnorchelte ("The Blue and me"), und eine siebentägige Aufnahme-Session im "fattoria-musica-Studio" in Osnabrück, wo ihre "Sea Journey" entstanden ist.

Das Ergebnis ist keineswegs ein Paddeln im flachen Wasser des wärmenden Mainstreams. Ulita Knaus eignet sich nicht als Selbstdarstellerin in Sachen vordergründigen Schöngesangs, auch wenn die konventionellen Fotos des Booklets so etwas nahe legen wollen. (Fotografen, die Jazz-Sängerinnen eine individuelle Note zugestehen, statt sie nach dem immergleichen Schema irgendwie traumverloren sexy und mit glasigen Augen abzubilden, scheint es nicht mehr zu geben).

Ihre Musik spricht eine andere und unverwechselbar eigene Sprache. Selbst dort, wo sie sich zu ihrer frühen Liebe zu Latin-Jazz bekennt oder mit einer Eigenkomposition wie "Four on the floor" so selbstvergessen ohrwürmig groovt, als sei sie Frau Sting in Person, bleibt sie ihrem Stil treu. Ihr neues leichteres Album enthält - wenn auch versteckt - ebenfalls subtile Songstrukturen und manchen melancholischen Zwischenruf.

Dass sie selbst eine gute Songschreiberin ist, die den Vergleich mit Diana Krall nicht fürchten muss, zeigt ihr Song "Down here". Ein Kleinod, das von ihrem langjährigen Pianisten Mischa Schumann mit einem zarten Arrangement aus Piano und Hornbläsersatz stilsicher eingefasst wird. Darin spricht sie von ihrer Angst zu enttäuschen. "How many peaks will you climb up/ Until you finally learn/ Mountains are endless and peaks are narrow….".

Wenn sie "I fall in love so easily" covert, dann versucht sie gar nicht erst, der unerreichbar intimen Version von Chet Baker nachzueifern, sie setzt in Timbre und Arrangement eine andere Stimmung dagegen: Geradezu kühl, jenseits des Intimen, spannt sie mit ihrer geschmeidigen und klaren Stimme einen großen Bogen und lässt sich nur von ihrem Trio halten: Neben Arrangeur Mischa Schumann (Piano) sind das Gerold Donker (Bass) und Heinz Lichius (Drums), die dieser Musik etwas sehr Erdiges und zugleich Transparentes geben und die das Ensemblespiel so kultivieren, dass die Songs und nicht die Virtuosen im Mittelpunkt stehen.

Sechs Eigenkompositionen (Ulita Knaus zum Teil mit Mischa Schumann gemeinsam) und sechs Standards: Eine mutige Balance - die Komponistin misst sich mit Chick Corea ("Sea Journey"), mit ihrem Lieblingsrockstar Lenny Krawitz ("Let Love Rule") oder mit Al Jarreau ("Fly").

Sie muss sich nicht verstecken. Ihre eigenen Lovesongs versanden nicht im Seichten. Auch der gewagte Versuch, an die Tsunami-Katastrophe zu erinnern ("Autumn Storms"), und dabei nicht pathetisch zu werden, sondern das Nichtbetroffensein der weit entfernten Sängerin zu thematisieren, zeigt ihre Suche nach dem eigenen Weg. Denn dem großen Sturm begegnet sie mit vitalen Latin-Rhythmen, und sie spricht von der Gleichgültigkeit der derjenigen, die im Trockenen sitzen: "we´re here carelessly/TV watching".

Zum eigenen Weg gehört auch die Zusammenarbeit mit Sandra Hempel. Die Gitarristin, die mittlerweile nach ihrem Studium in New York wieder in Hamburg lebt, bereichert das feine Klangbild dieses Albums besonders eindrucksvoll in "Good Mornig Heartache", in dem die ewigen Schmerzen der Liebe im Duett zwischen Stimme und Gitarre beschworen werden. Das lässt sie nicht leiser werden, aber gelassener, gelöster und leichter.

Wer am Ende dieser Reise einige Minuten wartet, wird von einem Fun-Track überrascht, vom Dire-Straits-Hit "Money for nothing" als zügellos gitarren-groovender Rausschmeißer. Mit "Sea Journey" ist die Reise dieser starken Sängerin noch keineswegs zu Ende.

Ulita Knaus: Sea Journey
(Minor Music Records/inakustik - MM 801119)

ist ein Beitrag von Hans Happel
© Hans Happel, September 2005


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