"It´s
the city" heißt das neue album der Hamburger Jazz-Sängerin
und Songwriterin Ulita Knaus, und die Stadt, die sie besingt, setzt
sie unter Druck, sieht sie mit kritischen Augen an, zwingt sie kreativ
zu sein, immer oben zu sein, zwingt sie sich zu vergewissern, dass
Erfolg nur von kurzer Dauer ist, da mögen die Big City Lights
eine Oase sein, zugleich sind sie "a total fake", und dennoch:
"back on the streets you are heading for another sound".
Ulita
Knaus beschwört den Sound und den Rhythmus einer imaginären
Stadt, in der sich Mahalia Jackson und Ella Fitzgerald, Diana Krall
und Rebecca Bakken begegnen, in der die Spuren von Spiritual und Soul
die musikalische Textur ebenso einfärben wie Latin Grooves, urbaner
Sprechgesang oder eingängiger Balladen-Stil.
Aus
dieser Stimmenvielfalt entwickelt Ulita Knaus ihre eigene Schnittmenge,
mit einer unverkennbar eigenen Stimme, die Wärme und eine leicht
belegte Dunkelheit ausstrahlt, die in den Phrasierungen überaus
elegant und locker vom swingenden Geplauder zum schweren Soul wechselt.
Dabei
stützt sie sich in vielen der 12 zusammen mit ihrem Pianisten
und Arrangeur Mischa Schumann geschriebenen Songs auf einen Chor (vier
guest vocalists), der für das richtige soul-feeling sorgt, der
ein schweres süffiges Grundgerüst liefert, auf dem die Stimme
der Solistin tanzen kann. Vor allem aber stützt sie sich auf
ihre langjährigen Band-Mitglieder, die ihre Stadtgeschichten
kongenial begleiten, diskret, zurückhaltend und in wenigen, richtigen
Momenten nach vorn ziehend.
Mischa
Schumann am Steinway, an Fender Rhodes, Wurlitzer und Synthesizer
beherrscht diese Kunst des Auftauchens aus dem Hintergrund meisterhaft:
Er spielt mit der Songmelodie, er bremst mit leichtem Anschlag das
Tempo, er verwandelt Thema und Tonart, um bltzschnell wieder zurückzutauchen
in den Sog des Songs. Gerold Donker am E- und am akustischen Bass
sorgt für den swindenden Hintergrund, Drummer Heinz Lichius ist
zugleich gewitzter Percussionist, dessen differenzierte Klänge
die Stadtgeschichten dieser Sängerin aufrauen und bebildern.
Ulita
Knaus erzählt leichte und harte Geschichten, in den Strassen
der großen Stadt warten im Dunkel der mondhellen Nacht die heißen
Liebhaber, in der Stadt blühen die weltweiten Ideen, und hier
blühen die Bäume vor dem Fenster, aus dem die Songwriterin
hinausschaut, während sie am PC sitzt, um mit ihre message ins
weltweite netz zu fliegen.
Mit
ironischem Abstand besingt die Städtebewohnerin diese Öffnung
ins "world wide" Netz, und dabei ist sie sich bewußt,
dass der Baum vor dem eigenen Fenster mindestens so viel Wahrheit
besitzt wie die weite virtuelle Welt, denn er wird bleiben, er nimmt
die große Vernetzung gar nicht wahr, die "our spirits"
fliegen lässt zu "new concepts, big ideas, one culture".
Die neue Big City, von der Ulita Knaus erzählt, ist auch ein
Monster, eine Schimäre, aber etwas bleibt so wie der Baum vor
dem Fenster: die Musik, die Wurzeln des Jazz und seine vielen Verwandlungen,
und es bleiben die kinder, die in dieser Welt weiter leben.
Ein
Willkommenslied hat Ulita Knaus dem eigenen Kind gewidmet, "welcome
new life, I welcome you in my small world" heißt es darin
zum Abschluß. My small world - das ist die einzige Gewissheit
in der überhitzten schnellen virtuellen City. "it´s
the city" - ein konzeptalbum? Vor allem sehr gelungene Musik,
sehr schöne Songs.
Ulita
Knaus: It's the City
ist ein Beitrag von Hans Happel
© Hans Happel, Juli 2007