Dass
Keren Ann Zeidel, für viele bereits Frankreichs größte
Nachwuchshoffnung, sich nicht dauerhaft auf die französische Sprache
begrenzen lassen würde, liegt in ihrer Biografie begründet.
Schließlich ist sie gebürtige Holländerin, wuchs jedoch
in Israel auf, bevor sie nach Frankreich kam - und zum Studieren vorübergehend
in die USA ging.
Wohl
aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds sind ihre zarten und feinfühligen
Lieder deshalb nur bedingt als Chansons zu bezeichnen. Ihr größtes
Idol ist denn auch nicht etwa Françoise Hardy (mit der sie
gelegentlich verglichen wird), sondern Suzanne Vega. Die Seelenverwandtschaft
der beiden ist auf "Not going anywhere", dem ersten englischsprachigen
Album von Keren Ann, allgegenwärtig. Doch schon bereits ihr Debüt
hatte sie der New Yorker Songwriterin gewidmet: "La biographie
de Luka Philipsen" - "Luka", wie der größte
Hit der Vega.
"Not
going anywhere" ist die konsequente Fortsetzung ihrer früheren
Alben, nicht nur, weil die CD einige Lieder beinhaltet, die bereits
auf ihrer vorigen CD "La Disparition" zu hören waren
- dort allerdings noch in französischer Sprache. Jenes Album
- wie auch "Luka Philipsen" zuvor - hatte sie noch gemeinsam
mit Benjamin Biolay produziert, mit sie eine fast untrennbare künstlerische
Partnerschaft zu verbinden schien.
Inzwischen
gehen beide getrennte Wege. Tausendsassa Biolay verpflichtete seine
junge Ehefrau Chiara Mastroianni für die Studioaufnahmen zu seinem
Album "Négatif" und produzierte Aufnahmen so illustrer
Kollegen wie Juliette Gréco, Valerie Lagrange und Stephan Eicher.
Keren Ann dagegen traf den isländischen Musiker Bardi Johannsson
und reussierte als Gastsängerin auf dem aktuellen Album seiner
Band "Bang Gang". Daneben entstand ihr gemeinsames Konzeptalbum
"Lady & Bird" - und auch an den Aufnahmen zu "Not
going anywhere" war Johannsson wieder beteiligt.
Doch
im Vordergrund steht allein Keren Ann mit ihrer samtweichen Stimme,
in der stets der Hauch eines schüchternes Lächeln mitzuschwingen
scheint, weshalb ihre Musik bei aller Melancholie immer ein wenig
Wärme und vorsichtige Fröhlichkeit ausstrahlt. Wenngleich
seit dem Erscheinen des Albums in Frankreich bereits ein halbes Jahr
vergangen ist, hätte der Veröffentlichungszeitpunkt in Deutschland
zum Frühlingsbeginn nicht besser gewählt werden können:
Es ist die passende Stimme mit dem passenden Album zur Jahreszeit.
©
Michael Frost, 15. März 2004