Es gebe keine Schwachstellen auf diesem Album, das zweifellos Skandinaviens "Album des Jahres" sei, jubelte das dänische Musikmagazin "Gaffa" jüngst bei der Vorstellung von "Röd", dem neuen Album des schwedischen Pop/Rock-Quartetts Kent. Der euphorische Befund macht hellhörig, denn eigentlich, so dachte man, hätten die Schweden den Zenit ihrer Karriere längst überschritten und die Popkrone an würdige Nachfolger wie Mando Diao weitergereicht.
Doch so leicht will man sich wohl nicht geschlagen geben. Joakim "Jocke" Berg, Markus Mustonen, Martin Sköld und Sami Sirviö zog es also nach Berlin, in das "Hansa Studio", zu den Aufnahmen für die neue CD, und vielleicht erhoffte man sich von dem traditionsreichen Ort (hier entstanden schon historische Alben von U2, David Bowie, Depeche Mode und Nick Cave) die nötige Inspiration.
Nun klingt "Röd" tatsächlich spürbar dynamischer und klarer als das eher enttäuschende "Tillbaka till samtiden" (2007). Bandsänger Joakim Berg positioniert sich mit schneidendem Timbre direkt zwischen Morten Harket und den Pet Shop Boys, während der Bandsound dank deutlicher elektronischer Orientierung nicht minder schneidend kühl und klar wirkt. Songs wie "Vals för Satan (din vän pessimisten)" mit wummerndem Bass und mehreren Rhythmuswechseln zwischen Pop, Rock und Dance, die in der zweiten Songhälfte ineinanderfließen, lassen mehr als aufhorchen.
Videolink: Kent "Töntarna" / youtube
Aus der Melancholie früherer Alben ist Dunkelheit geworden, als wolle man an diverse Wavebands der 80er Jahre anknüpfen - zum Beispiel Indochine, eine französische Band jener Jahre, mit denen Kent heute nicht nur den Eletrosound und die dunkle Atmosphäre teilt, sondern auch das Gespür für Melodie und Stimmführung. Schon der feierliche Beginn (das Album wird mit Kirchenchor und Orgel eröffnet) bereitet dieser besonderen Atmosphäre des gesamten Albums den Weg.
Erneut erweist sich die schwedische Sprache dabei als unerwartet harmonisch und lautmalerisch - auch wenn sie dem internationalen Erfolg von "Röd" vermutlich weiterhin im Wege steht - ebenso wie diese Entscheidung den besonderen Erfolg der Band in Skandinavien beflügelt haben dürfte.