Aufregend:
die französische Musikszene wird immer vielseitiger. Doch was bedeutet
"Französisch" im Fall von Kad Achouri überhaupt?
Seine Mutter ist Spanierin, sein Vater Algerier. Geboren wurde er in
Südwestfrankreich, nach dem Abitur zog es ihn nach Barcelona, doch
seit acht Jahren lebt er in London.
Zweiter
Versuch: die europäische Musikszene wird immer vielseitiger,
und mit seinen unterschiedlichen Erfahrungen verfügt Kad Achouri
über das Potenzial, zu einer ihrer treibenden Kräfte zu
werden. Vielleicht jedoch ist er das längst. Denn als Komponist,
Arrangeur und Mixer arbeitete er bereits für Mario Reyes von
den Gypsy Kings, Pop-Geigerin Vanessa Mae, Outlandish und aus Ägypten
stammende Weltmusik-Prinzessin Natacha Atlas.
Erst
einmal schrieb er für sich selbst. "Liberté"
(Freiheit) steht seither in den Plattenläden in einer Reihe mit
Manu Chao, Sergent Garcia und Wagner Pa, also in der Abteilung, in
der die pulsierende Szene Barcelonas zwischen Rock, Electro, Latin,
Punk, Reggae und Dub zu Hause ist. Von wegen Französisch.
Auf
"Liberté" folgt nun "Societé" (Gesellschaft),
und zu Kads illustrer Gesellschaft gehören nunmehr Coverversionen
von Nirvanas "Come as you are", Cole Porters "I love
Paris", Boris Vians "Le déserteur" und Baden
Powells "Bidonville" (Favela). Die unterschiedliche Herkunft
der Originale bezeichnet bereits den Radius, in dem Kad den Stil seiner
Songs ansiedelt. Was an sich nicht zusammengehört, wächst
dennoch zusammen, fast unmerklich, und das gemeinsame Band der Songs
ist, neben der charmanten Stimme des Sängers, seine Faszination
für Jazz und rhythmischen Latinsound.
So
sind die Songs auf "Societé" allesamt mit viel musikalischem
Feinsinn instrumentiert und arrangiert, dabei keineswegs sentimental
oder altmodisch, denn auch für elektronische Spielereien hat
Kad ein ausgeprägtes Faible. Wie die Gesellschaft, die letztlich
auch nur aus einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Individuen besteht,
hat Kad die Einzelteile seines Sounds zusammen gesetzt. Auch das macht
ihn zu einem Vertreter einer neuen, europäischen Identität,
die in seinem Fall erkennbar in Frankreich wurzelt, Inspirationen
jedoch ebenso in der Musik von Einwanderern, Nachbarn, Partnern und
künstlerischen Kooperationen findet. Nochmal: die europäische
Musikszene wird immer vielseitiger, dank weltoffener Franzosen wie
Kad Achouri.
©
Michael Frost, 05.11.2005