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Nur der Sommer
fehlt noch


Es ist ein musikalisches Versteckspiel, das Jehros internationales Albumdebüt mit dem Zuhörer führt. Woher mag der Sänger wohl kommen? Karibik? Jamaica? Aus einem kreolischen Einwandererviertel in London? Oder doch eher Kapverden oder afrikanisches Festland? Oder New York, vielleicht der einzige Ort der Welt, wo alle Spielarten seiner Musik aufeinander treffen?

Alles verkehrt. Der Calypso, der Reggae, die brasilianischen Rhythmen, der luftige Pop und die Folktraditionen beider Seiten des Atlantiks haben in diesem Fall ihren Ursprung in Marseille. Dort wuchs Jehro, der eigentlich Jérôme Cotta heißt, auf, und in der Stadt, in der sich traditionell die Kulturen der Mittelmeeranrainer begegnen, sammelte er seine ersten musikalischen Erfahrungen im Kreise spanischer Musiker.

Doch zu seinen ersten Auftrittsorten wurden die Stationen der Londoner U-Bahn. In der britischen Hauptstadt fand er wohl wirklich die Inspirationen für den karibischen Sound, der sein erstes fast ausschließlich auf Englisch eingespieltes Album so mitreißend werden lässt. In Frankreich wurde das Album sofort für den wichtigsten Musikpreis des Landes nominiert, dort fand sich Debütant Jehro neben etablierten Namen wie Rachid Taha, Cesaria Evora und der Schauspielerin Agnes Jaoui wieder.

Wie die Wärme einer tropischen Sommernacht breitet sich die Musik des Albums aus. Einfach und ungemein rhythmisch instrumentiert, Englisch und Spanisch gesungen, erliegt man der Illusion von lauen Lüften, Strand- und Caipirinha. Seine Geschichten sind unaufdringlich, aber nicht nebensächlich, und bei aller Leichtigkeit umschifft er gekonnt das Klischee der Bacardi-Reklame.

Im Unterschied zu Jehros Kollegen und Landsmann Manu Chao, der mit seinen französisch-spanisch-lateinamerikanischen Sounds einen musikalischen Gegenpol zur kapitalorientierten Globalisierung bilden will, nutzt Jehro seine Achsen zwischen London, Paris, Marseille, Brasilien und der Karibik für eine fröhliche und unbeschwerte Party, die beiderseits des Atlantiks gefeiert werden kann. Der Sound dafür ist da, jetzt fehlt nur noch der Sommer.

© Michael Frost, 01.09.2007


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