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Verstehen & Begreifen


Man versteht nichts und begreift doch alles. Julien Jacobs Kunstsprache, die ihm "den freien Ausdruck ohne vorcodierte Wörter" ermöglicht, ist ein komplexer lautmalerischer Kosmos, der nur noch entfernt ans Französische erinnert, natürlich Afrika in sich trägt - ansonsten jedoch überall zuhause sein könnte.

Sein voriges Album trug den Titel "Cotonou" nach der Hauptstadt Benins, des Herkunftslandes seiner Familie. Doch Julien Jacob wuchs in Frankreich auf. Wohl deshalb ist seine Musik nicht gänzlich in der westafrikanischen Kultur verwurzelt, vielmehr bedient sie sich auch Elementen aus französischem Folk und westlichem Pop. Wäre da nicht diese geheimnisvolle, spirituelle Kunstsprache, die seinen Liedern etwas Geheimnisvolles, Magisches gibt; so auch auf "Barham", seiner aktuellen Veröffentlichung.

Besondere Anziehungskraft gewinnen die Lieder Julien Jacobs jedoch erst durch seinen Gesang. Sein heiseres Raunen und Flüstern wirkt beschwörend und eindringlich. Seine Stimme haucht den unverständlichen Worten Leben ein - und plötzlich begreift man, ist man umgeben von einer intimen Atmosphäre, wird man zutiefst berührt von den Assoziationen, die Jacob hervorruft.

Da er, wie vor einigen Jahren Sigur Rós mit ihrem Album (), kaum eigene Setzungen vornimmt und auch die Songtitel ihre Geheimnisse nicht preisgeben, ist man also über weite Strecken auf sich selbst angewiesen, und so dürfte "Barham", je nach Hörer und seiner individuellen Empfindung, ganz unterschiedliche Emotionen hervorrufen.

Wie schon der Vorgänger ist auch "Barham" ein sehr percussion-orientiertes Album. So übernimmt - neben dem Gesang - vor allem der Rhythmus die Aufgabe der Kommunikation. In dieser Hinsicht bleibt Julien Jacob afrikanischen Traditionen treu, und dennoch hebt er sich durch seinen individuelen Zugang von der Arbeit seiner Kollegen deutlich ab.

Musik, so seine Botschaft, kann überall zuhause sein, egal woher sie kommt, und sie kann auch überall begriffen werden, egal, auf welche Ohren sie trifft - selbst wenn man sie nicht versteht.

© Michael Frost, 14. September 2008

 

 


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