Der Himmel über Manchester

 

"Where shall we go in the big black night?" - So vorsichtig, fast angstvoll fragend eröffnen "I am Kloot" ihr Album "Sky at night". So verhalten die Frage, so weich geschwungen sind auch die Linien des Songs selber. Akustische Gitarren, ein erdiges Schlagzeug, Percussions, während der eigentliche, textfreie, Refrain von einer Geige getragen wird: Die Eröffnung verspricht Großes.

Den britischen Drehbuchautoren Frank Cottrell Boyce inspirierte das Album zu einem Verweis auf die "stillste Woche, die Europa seit einem halben Jahrhundert erlebte", als nämlich die Asche eines isländischen Vulkans für einige Tage nahezu den gesamten Flugverkehr lahm gelegt hatte. "The sky", schreibt Boyce in jener Woche, "is full of nothing but birds and clouds".

Dieses Bild überträgt er zu Recht auf "Sky at night". Die natürliche, ungefilterte und unverfälschte Eleganz gleicht tatsächlich einem ungetrübten Sternenhimmel, wie man ihn über Manchester, der Heimatstadt von I am Kloot, in aller Regel wohl ebenso wenig zu sehen bekommt wie in jeder anderen Großstadt.

So besteht die eigentliche Kunst des (fünften!) Albums der Briten darin, eben diesen Himmel wieder sichtbar zu machen und uns für wenigstens eine knappe Dreiviertelstunde in die Dunkelheit zu entführen, respektive in die "big black night".

Ein Singer/Songwriter-Album ist "Sky at night" dennoch nicht, dafür ist es an einigen Stellen zu feierlich, an weiteren von Ideen aus Rockabilly und Blues durchzogen. Darin kommen I am Kloot einer anderen Nachtgestalt sehr nahe: Richard Hawley. Wo der Ex-Pulp-Gitarrist auf seinen Soloalben seine spröde Heimatstadt Sheffield besingt, scheinen I am Kloot den Grauschleier über britischen Industriestädten - hier: Manchester - vertreiben zu wollen, um den Himmel über ihnen sicht- respektive hörbar zu machen. Wem das zu pathetisch klingt, der wage am besten des Selbstversuch und genieße "Sky at night" zu eben dieser Zeit mit freiem Blick auf die Sterne.

Videolink: I am Kloot "Northern sky" / youtube
 

© Michael Frost, 01.08.2010