"Ob Paris oder Berlin ..." - für Kitty Hoff macht das längst keinen Unterschied mehr. Mit ihrer eleganten Begleitband "Forêt-Noire" bildet sie gewissermaßen die musikalische Brücke zwischen beiden Städten. Denn französischer als sie kann man als Deutsche/r wohl kaum klingen. "Was wären die Deutschen ohne ihre schlechte Laune?", fragt sie und antwortet lachend: "Franzosen!"
Mit "Zuhause", dem dritten Album dieses unendlich sympathischen Ensembles wird die schlechte Laune also ein weiteres Mal abgestreift und mit weichem Pinselstrich ein musikalisches Aquarell entworfen, das ebenso leicht, originell und charmant gezeichnet ist wie seine Vorgänger. Die Farben: Leiser Bar-Jazz, Bossanova, Swing - bei Kitty Hoff "zuhause" setzt man auf traditionsreiche Sounds, auf denen die Musiker ihre "seidigen" (Pressetext) Arrangements aufbauen, entspannt und glänzend aufgelegt.
Doch auch Dramatisches gelingt der Band: "Unterwelten" etwa ist ein Schlüsselstück, in dem Kitty Hoff und Forêt-Noire nahezu die komplette Bandbreite ihres Werks ausschöpfen; vom reduzierten, nur von Percussions begleiteten Chanson bis zum donnernden Song-Finale mit Pauken und Trompeten. In "Pension Fuchs" darf das Ensemble sich dann instrumental austoben und zeigt, dass es sich auch im Gewirr von Reggae, Dub und Kirmes-Polka mühelos zurechtfindet. In den übrigen Stücken brilliert Kitty Hoff einmal mehr mit kokett-witzigen Texten, manchmal auch herrlich politisch-unkorrekt ("Mahagoni, Holzwege ins Glück ..."), intelligent gereimt und mit pointierter Lautmalerei - die ästhetische Verbindung zwischen Wortklang und Musik gelingt derzeit niemandem so überzeugend wie ihr.
Als Höhepunkt des Albums dürfte jedoch ein besonderer Coup gelten: "Riesenräder" ist eine Zusammenarbeit mit dem jungen französischen Chanson-Star Coralie Clément (im Stil ihres ersten Albums "Salle des pas perdus") - so gesehen die personalisierte Brücke "Paris-Berlin". Was jedoch als "deutsch-französisches Duett" angekündigt wurde, entpuppt sich überraschend als très allemand (bloß ohne schlechte Laune), denn Coralie Clément singt erstmals Deutsch, so süß und charmant wie zuletzt Ende der 60er Jahre Françoise Hardy ("Frag den Abendwind"). Und so versteht man: Wenn Deutsche ohne schlechte Laune Franzosen wären, dann wären umgekehrt Franzosen ohne französische Sprache: Kitty Hoff!
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Michael Frost, 26.04.2009