Tord
Gustavsen ist einer jener Romantiker des Jazz-Pianos, die sich nicht
scheuen, einfache schlichte Melodien zu entwerfen, die eine betörende
Kraft entfalten, ohne dabei in die Kitschzonen der meditativen Gebrauchsmusik
abzugleiten.
Der
36-jährige Norweger verbindet äußerste Intimität
mit strenger Reduktion, sein Spiel - lyrisch, langsam und leise -
kommt aus einer Tiefe, einer dunklen Melancholie, die ihren Grund
- oder ihren Gegenpol - in den wiederkehrenden Gospelklängen
findet, die wie ein roter Faden in die 13 Stücke des Albums eingewoben
sind.
BEING
THERE heißt die dritte CD des Tord Gustavsen Trio, das 2003
mit Changing Places sein Debüt vorlegte und 2005 The Ground folgen
ließ, gedacht als Teile einer Trilogie, die mit dem neuen Album
ihren Abschluss findet.
In
Form und Stil ist die Musik des Pianisten und seiner beiden Sidemen
Harald Johnsen (Kontrabass) und Jarle Vespestad (drums) sofort wiedererkennbar:
die schöne Einfachheit der Melodien und die klare Simplizität
der Durchführungen, die diskreten Linien des Bassisten und die
zurückhaltenden Rhythmen des Drummers, ergeben eine ganz eigene
Färbung. Tord Gustavsen hat - mit einer Ausnahme - alle Stücke
selber geschrieben.
Er
ist hörbar von seiner Vergangenheit als jugendlicher Kirchenmusiker
geprägt, er spricht selber von einer Mischung aus "wordless
hymns and open-minded spirituality", eine musikalische Mixtur,
die er jedoch keineswegs als message, schon gar nicht als tönende
Frohe Botschaft verstanden wissen will, wenngleich Tord Gustavsen
sich freut, dass es Hörer gibt, die ihm bestätigen, dass
seine Musik für ihr Leben etwas bedeute.
"Vesper",
das vorletzte Stück des Albums, sei - so erzählt er im Infomaterial
- schon als Präludium im Gottesdienst einer norwegischen Kirche
benutzt worden. Es handle sich hier und heute, so fügt er hinzu,
um einen sehr liberalen Flügel der norwegischen Kirche. Aber
Gustavsen betont, dass seine Musik "strictly nondenominational"
sei. Sie speise sich aus Hymnen und Gospels ebenso wie aus gegenwärtigem
Jazz oder gegenwärtiger "classical music".
Diese
simple tunes - ergänzt um das Tango inspirierte Karmosin des
Bassisten Harald Johnson - sind eingängig, ohne je flach zu werden,
sie strahlen eine schmerzhafte Süße aus, die nichts Süßliches
an sich hat, die musikalischen Arrangements sind zart und durchsichtig,
die wenigen zurückgenommenen Soli für Bass und Drums wirken
niemals künstlich aufgesetzt, sie ordnen sich zwanglos dem Spiel
des Pianisten unter.
Tord
Gustavsen lotet jeden einzelnen Ton aus, er liebt die Rubati, die
Verlangsamungen, seine Musik schwebt zwischen lyrischer Empfindsamkeit
und nüchternen Cool Jazz- Linien, zwischen festen Melodien und
frei fließender Improvisation, zwischen radikaler Subjektivität
und den Kraftlinien des Gospel-Gemeindegesangs. Aber - wie gesagt
- Tord Gustavsen ist ein wortloser Sänger, kein Prediger.
Das
neue Album mit dem programmatischen Titel Being there will keine Programm-Musik
sein, dieses Trio will - schlicht und einfach - mit seiner Musik berühren.
Und das gelingt den drei Musikern unbedingt.
©
Hans Happel, 08.07.2007