Sowieso
war es das Konzertereignis des Jahres 2003 - und schon jetzt bricht
auch die anschließend veröffentlichte DVD sämtliche
Rekorde. Herbert Grönemeyers "Mensch" setzt Maßstäbe
und dürfte auf unabsehbare Zeit das erfolgreichste deutschsprachige
Rock-Projekt bleiben.
In
diesem Jahr gab es kaum eine Fußballarena in Deutschland, in
der Grönemeyer nicht wenigstens an einem, meistens aber sogar
an zwei aufeinander folgenden Abenden gastiert hätte. So war
es auch am 14. und 15. Juni, als er in der Gelsenkirchener Arena AufSchalke
auftrat. Die Konzerte dokumentiert die DVD "Mensch live",
und war dort zu sehen ist, erscheint an manchen Stellen fast unbegreiflich.
Phänomenal ist nicht nur Grönemeyer selbst, sondern ein
entfesseltes Publikum, das sein Idol mit Ovationen geradezu überschüttet,
die Liedpausen mit rhythmischen "Herbie"-Rufen füllt,
zeitweise das ganze Konzert mit endlosen Laola-Wellen zum Erliegen
bringt und sich nicht damit begnügt, Songs wie "Bochum",
"Männer" oder "Mensch" einfach nur mitzusingen,
sondern sie auch dann noch intoniert, wenn die Band schon den Takt
für den nächsten Song vorgibt.
Das Phänomen Grönemeyer wird noch unfassbarer, wenn man
sich vergegenwärtigt, dass entsprechende Szenen sich nicht nur
Aufschalke abgespielt haben, sondern überall in den Stadien der
Republik: ein Fall für Soziologen und Psychologen, die sich mit
der Dynamik in Gruppenprozessen beschäftigen.
Dem Publikum selbst kanns egal sein: es feiert "seinen"
Herbert, den Zurückgekehrten, der das ganze Land an seiner Trauer
teilhaben ließ und bei seinen Fans den Halt fand, den er einst
selbst geben wollte. Aber nicht nur das. Mit seinen letzten beiden
Alben "Mensch" und schon vorher "Bleibt alles anders"
wurde Grönemeyer zu einem Künstler, der nicht länger
nur durch seine Texte zu überzeugen wusste, sondern auch musikalisch
innovative Wege beschritt, u.a. in Alex Silva und Nick Ingham wichtige
Bündnispartner für seine Kombination aus Drum&Bass-,
Electro- und Orchesterexperimente fand.
"Mensch live" ist jetzt der verdiente und würdige Abschluss
der triumphalen Rückkehr eines Sängers, der darüber
zum Nationalhelden wurde, und gemeinsam fühlen wir nochmals diese
unglaublichen Momente kollektiver Begeisterung, ohne letztendlich
zu begreifen, was genau in diesen Stadien mit uns geschehen ist. Doch
da geht es uns wie Grönemeyer selbst, der in Interviews nicht
müde wird zu betonen, dass er selbst noch noch nicht vollends
kapiert habe, was während seiner Tour geschah. Nennen wir es
einfach Grönemania.
©
Michael Frost, 07. Dezember 2003