Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Affenstarkes Opus
Gast-Beitrag von Stephan Stöckel


Ich glaub mich laust der Affe: Wenn ich es nicht wüsste, würde ich das neue Album der "Gorillaz" doch glatt für das neueste Werk der englischen Band "Blur" halten. Das Ganze kommt doch nicht von ungefähr, ist doch Obergorilla Damon Albarn zugleich Chef- und Querdenker bei der britischen Popband.

Mit Unterstützung von Comic-Zeichner Jamie Hewlett wurden mal wieder die vier Zeichentrick-Affen, hinter denen sich echte Musiker verbergen, losgelassen.

Dass Menschenaffen anscheinend über eine besondere kreative Ader verfügen, wissen wir spätestens seit dem Schimpansen Congo, dessen feuerwerkartige Farbexperimente kürzlich für 20.000 Euro versteigert wurden.

So wundert es nicht, dass die neue Scheibe noch vielschichtiger und experimenteller ausgefallen ist, als das 2001 erschienene Debütalbum "Gorillaz", das von Hip Hop und Reggae dominiert war. Verwandschaftliche Beziehungen zu "Think Tank", dem letzten Meisterwerk von "Blur" sind nicht zu überhören, hatte doch schon damals die Brit-Pop-Band jede Menge Groove in ihren kreativen Tank gepackt.

Nun hat sich das Gegenteil ereignet: Die "Gorillaz" reichern ihren rhythmischen Sound mit jeder Menge Pop- und Rockelementen an. Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung dürfte auch der ehemalige Verve-Gitarrist Simon Tong sein, der bereits bei Blur-Konzerten den vakanten Posten von Klampfenmeister Graham Coxon übernommen hatte.

Eine illustre Gästeschar hat sich auf dem neuen Album der Gorillaz versammelt, die jedem Song eine ganz besondere Note verleihen: Dabei handelt es sich keineswegs um glattgebügelte Mainstream-Stars, sondern gegen den Strich gebürstete Ikonen der Pop- und Gegenkultur wie Neneh Cherry, Shaun Ryder ("Happy Mondays"), Ike Turner (Ex-Ehemann von Tina Turner) oder Schauspieler Dennis Hopper ("Easy Rider"), der zum magischen Monolog ansetzt.

Herausgekommen sind so bizarre Songs wie "Dirty Harry", der klingt als hätte man Pink Floyd's Kinderchor aus "Another Brick In The Wall" ins Hip-Hop-Zeitalter gebeamt und mit einem Schuss Klassik garniert. Zur musikalischen Vielfalt gesellen sich Damon Albarns philosophische und spirituelle Gedanken, die in die Frage einmünden: "Are We The Last Living Souls - Sind wir die letzten lebenden Seelen?".

Die "Gorillaz" sind es beileibe nicht. Aber mit ihrem affenstarken Opus, das zum weltweiten Erfolg avancierte, stellen sie eindrucksvoll unter Beweis, dass die Gattung der kreativ Beseelten noch lange nicht einer aussterbenden Spezies angehört.


"Gorillaz: Demon days" Parlophone/EMI 0946 311688 2 6
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Juli 2005
Was du wissen solltest, wenn du uns auch eine Gast-Kritik senden willst, erfährst du hier.

Weitere Beiträge von Stephan Stöckel


[Archiv] [Up]