Ich
glaub mich laust der Affe: Wenn ich es nicht wüsste, würde
ich das neue Album der "Gorillaz" doch glatt für das
neueste Werk der englischen Band "Blur" halten. Das Ganze
kommt doch nicht von ungefähr, ist doch Obergorilla Damon Albarn
zugleich Chef- und Querdenker bei der britischen Popband.
Mit
Unterstützung von Comic-Zeichner Jamie Hewlett wurden mal wieder
die vier Zeichentrick-Affen, hinter denen sich echte Musiker verbergen,
losgelassen.
Dass
Menschenaffen anscheinend über eine besondere kreative Ader verfügen,
wissen wir spätestens seit dem Schimpansen Congo, dessen feuerwerkartige
Farbexperimente kürzlich für 20.000 Euro versteigert wurden.
So
wundert es nicht, dass die neue Scheibe noch vielschichtiger und experimenteller
ausgefallen ist, als das 2001 erschienene Debütalbum "Gorillaz",
das von Hip Hop und Reggae dominiert war. Verwandschaftliche Beziehungen
zu "Think Tank", dem letzten Meisterwerk von "Blur"
sind nicht zu überhören, hatte doch schon damals die Brit-Pop-Band
jede Menge Groove in ihren kreativen Tank gepackt.
Nun
hat sich das Gegenteil ereignet: Die "Gorillaz" reichern
ihren rhythmischen Sound mit jeder Menge Pop- und Rockelementen an.
Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung dürfte auch der ehemalige
Verve-Gitarrist Simon Tong sein, der bereits bei Blur-Konzerten den
vakanten Posten von Klampfenmeister Graham Coxon übernommen hatte.
Eine
illustre Gästeschar hat sich auf dem neuen Album der Gorillaz
versammelt, die jedem Song eine ganz besondere Note verleihen: Dabei
handelt es sich keineswegs um glattgebügelte Mainstream-Stars,
sondern gegen den Strich gebürstete Ikonen der Pop- und Gegenkultur
wie Neneh Cherry, Shaun Ryder ("Happy Mondays"), Ike Turner
(Ex-Ehemann von Tina Turner) oder Schauspieler Dennis Hopper ("Easy
Rider"), der zum magischen Monolog ansetzt.
Herausgekommen
sind so bizarre Songs wie "Dirty Harry", der klingt als
hätte man Pink Floyd's Kinderchor aus "Another Brick In
The Wall" ins Hip-Hop-Zeitalter gebeamt und mit einem Schuss
Klassik garniert. Zur musikalischen Vielfalt gesellen sich Damon Albarns
philosophische und spirituelle Gedanken, die in die Frage einmünden:
"Are We The Last Living Souls - Sind wir die letzten lebenden
Seelen?".
Die
"Gorillaz" sind es beileibe nicht. Aber mit ihrem affenstarken
Opus, das zum weltweiten Erfolg avancierte, stellen sie eindrucksvoll
unter Beweis, dass die Gattung der kreativ Beseelten noch lange nicht
einer aussterbenden Spezies angehört.
"Gorillaz:
Demon days" Parlophone/EMI 0946 311688 2 6
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Juli 2005
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