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Düsterer Geniestreich
Gast-Beitrag von Stephan Stöckel

 

Wohl kaum ein Album dürfte dieser Tage mit größerer Spannung erwartet werden als das von "The Good, The Bad & The Queen". Hinter diesem Projekt, das eigentlich namenlos ist, und sich nach dem Titel seines Debüts benannt hat, verbergen sich vier bekannte Musiker, die auf unterschiedlichem stilistischen Terrain ein Stück Musikgeschichte geschrieben haben: Damon Albarn, Frontmann von "Blur" und den "Gorillaz", Paul Simonon, ex-Bassist der "Clash", Simon Tong, einst Gitarrist bei "The Verve" und Afrorocklegende Tony Allen, der es in der Begleitband von Fela Kuti zu Weltruhm gebracht hat.

Produziert wurde das Ganze von niemand geringerem als Meisterproduzent Danger Mouse, der einen Hälfte von "Gnarls Barkley" ("Crazy"), der dem zweiten "Gorillaz"-Album bereits den letzten Feinschliff verliehen hatte.

Wer meint, die Jungs hätten ein weiteres Mal den Comicaffen "Zucker" gegeben oder gar ein "Blur 2" erschaffen, der befindet sich auf dem Holzweg. Das neue Werk der vier Musiklegenden, die zwischen 34 und 66 Jahre alt sind, ist eine einzige Ode auf die schwebenden Töne und ein Lobgesang auf die Stadt, in der die Musiker leben und arbeiten: London.

In Interviews spricht Simonon, der auf dem berühmten Cover zu dem "Clash"-Klassiker "London Calling" zu sehen ist, wie er gerade seine Gitarre zertrümmert, immer wieder von "Postkartenansichten". Es müssen düstere sein, die er da im Auge hat. Denn wie ein roter Faden zieht sich ein dunkler Grundton durch das ganze Album. Da wird der Londoner Nebel lebendig, wandern dunkle Gassen, in denen man Jack The Ripper vermutet, vor dem geistigen Auge des Betrachters hin und her, schwenkt der melancholische Blick eines einsamen Mannes auf die Themse hinüber. In einem gewissem Sinne ist es fast schon musikalischer "Gothic Horror", fein gewoben von vier Herrschaften, die ihr Handwerk verstehen.

Da hört man Reggae und Soul heraus, einen Hauch von Jazz und Punk, fühlt man sich an britische Music-Hall-Traditionen, Kirmesmusikanten und Zirkusmusik erinnert.
Über allem thront die Stimme von Damon Albarn, die verfremdet und im Trauergewand, uns in metaphorischer Sprache erzählt, welche Spuren die Metropole mit ihrer reichhaltigen Geschichte und ihrem multikulturellen Flair bei ihm hinterlassen hat. Der Sänger berichtet von einst am Galgen erhängten Menschen, verteilt kritische Seitenhiebe auf den Irak-Krieg und gewährt uns Einblick in die englische Tradition des Mystizismus, die von Menschen handelt, die sterben und angeblich in den Himmel kommen.

Vier Multitalente haben sich zusammengefunden und ganz großes atmosphärisches Kino für die Ohren erschaffen, in das man sich hineinfallen lassen muss und das zum angestrengten Zuhören geradezu herausfordert. In Deutschland feiert der melancholische London-Trip von "The Good, The Bad & The Queen" am 8. Februar im Postbahnhof von Berlin seine Premiere. Karten sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.


"The Good, The Bad & The Queen
(Parlophone/EMI)
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Januar 2007

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