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Das Wahre,
Gute, Schöne


Dass Musiker wie José González erfolgreich sind, hat eine Bedeutung, die weit über die persönliche Anerkennung hinausreicht. Vielmehr formuliert das Publikum hier eine Sehnsucht nach dem Wahren, Guten und Schönen, eine Suche, die in der multimedial überfrachteten Welt kaum mehr befriedigt werden kann.

José González setzt hier gezielt einen Kontrapunkt, indem er seine Alben fast im Alleingang, sich selbst an der Gitarre begleitend, einspielt. 2003 erschien sein Debüt-Album "Veneer" in Schweden. Damals war er noch Student der Biochemie in Göteborg, seiner Heimatstadt. Zuhause war das Album sofort erfolgreich, international dauerte es etwas länger. Doch spätestens seit Sony den Song "Heartbeats" für eine Werbekampagne einsetzte, wurde sein Name zum Begriff - und die Rückkehr zur Biochemie immer unwahrscheinlicher.

400.000 Exemplare von "Veneer" wurden allein in Großbritannien verkauft - eine sensationelle Zahl in einer von Krisen geschüttelten Branche, die kaum allein dem Werbeeinsatz geschuldet sein kann: Schnell war klar, dass González - der den für Schweden ziemlich untypischen Namen seiner aus Argentinien stammenden Familie verdankt - keineswegs eine Eintagsfliege sein würde.

Inzwischen liegt mit "In our nature" das schwierige zweite Album vor, auf dem González zur allgemeinen Erleichterung nicht versuchte, sich neu zu erfinden, sondern den einmal begonnen Weg nahtlos fortsetzte - augenscheinlich unbeirrt von den hohen Erwartungen von Kritikern und Publikum.

Mit feiner, hintersinniger Stimme und einem mal filigranen, mal betont schroff und ungeduldig wirkendem Gitarrenspiel gelingen ihm immer wieder neue Klangfarben - trotz der instrumentalen Monotonie. Dabei integriert er sogar Adaptionen unerwarteter Songs. Massive Attack, Pioniere des düsteren Drums&Bass- und Electrosounds, werden sicherlich einen Moment gebraucht haben, bis sie einen ihrer größten Hits, nämlich "Teardrops", in der Akustikversion von José González wiedererkannten.

Dabei ist "In our nature" sowohl musikalisch als auch textlich ein klar strukturiertes Album mit erkennbarem roten Faden. José González beschreibt in seinen zehn Songs vor allem uns selbst, folglich die menschliche Natur, mit all unseren Widersprüchen und der ständigen Gefahr, uns selbst im Wege zu stehen oder zu demütigen: "How low are you willing to go before you reach all your selfish goals", fragt er gleich in den ersten Textzeilen - wie tief wirst du sinken? Oder: "You've got a heart filled with passion. Will you let it burn for hate or compassion?"

Die Entscheidung, so González' Botschaft, haben wir jeweils selbst in der Hand. Und mit einem geschickten Kunstgriff kehrt er fatalistische Grundhaltungen einfach um: "In our nature", in unserer Natur, liegen nicht nur Krieg, Gewalt und Demütigung, sondern auch die bewusste Entscheidung für das Gegenteil: "Put down your gun. Ignore the alarm. Open up your heart. Let down your guard. It's in our nature."

Und so wird deutlich, dass der Erfolg von José González eine größere Bedeutung haben muss. Seine Musik trifft auf eine Stimmung, deren Existenz von Massenmedien und Major-Plattenfirmen meist geleugnet oder ignoriert wird. Dass sie sich, wie am Beispiel von José González deutlich wird, dennoch durchsetzen kann, ist also die wirklich gute Nachricht.

© Michael Frost, 16.03.2008

 


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