Geben
wir es doch zu: Von irischen Ullian Pipes über kubanische Alt-Stars
bis hin zum Digeridoo australischer Ureinwohner hören wir die
Volksmusik der ganzen Welt mit stetig wachsender Begeisterung. Dagegen
haben wir zwischen uns und der "heimischen" Folklore eine
deutliche Grenze gezogen: die Grenze des guten Geschmacks.
Ganze
Generationen sind mittlerweile unter die Räder der gezielten
Verblödung durch diverse so genannte "Musikanten"-Stadln
geraten, und obwohl die meisten der dort vorgetragenen "Lieder"
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mindestens den Tatbestand
der Beleidigung erfüllen, ist ein Ende der sich um den Verstand
schunkelnden Leitkultur nicht in Sicht.
Dabei
ginge es doch auch anders: Hubert von Goisern und seine Alpinkatzen
haben es vorgejodelt; der Moikschen Volkstümelei sonst unverdächtige
Fans haben es ihnen nachgetan und damit den wichtigsten Beitrag
der letzten Jahre zur Rettung alpenländischer Musik geliefert,
zu hören auf CDs wie "Omunduntn" (1994) und vor allem
dem Live-Doppelalbum "Wie die Zeit vergeht" (1995).
Anschließend
läutete er eine Zäsur ein, hörte nach eigenem Bekunden
auf, als es am schönsten war, beteiligte sich noch an Filmproduktionen
und ging dann auf interkontinentale Reise zwischen Tibet, Kanada
und Südafrika.
So
hat es ein paar Jahre gedauert, bis er mit eigenen Kompositionen
zurückkehrte, die nun mit dem Album "Fön" veröffentlicht
wurden.
"Fön"
ist nicht so rockig wie die mit den Alpinkatzen entstandenen Produktionen.
Von Goisern erklärte die Gründe in einem Interview mit
der Münchener tz:
Und
genauso ist es auch gekommen. Die Musik hat internationale Dimensionen,
viele Arrangements erinnern streckenweise an Sting, Paul Simon oder
Eric Clapton, zwischen Blues, Jazz und Reggae herrscht ein erstaunlicher
Stilmix, aber auch auf Gewohntes muss man nicht verzichten, denn
Goisern streut immer wieder bekannte Sequenzen alter Titel ein,
freilich in anderer Version, aber in tragender Funktion - allein
schon die Zieharmonika ist geographisch wie kulturell eindeutig
zuzuordnen.
Folglich
ist "Fön" ein neuerlicher Versuch der Befreiung der
österreichischen Volksmusik aus der Moikschen Isolationshaft,
aber auch ein politisches Bekenntnis: Wir erleben alpine Folklore
ohne hegemoniale Ansprüche, einträchtig und demokratisch
verbunden mit Einflüssen aus Rock, Pop, Jazz, Blues und Reggae,
kurzum: Vielfalt statt Einfalt.
MF
/ 10. Februar 2001