Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Noch unter ihren
Möglichkeiten


Norah Jones, Joss Stone, Jane Monheit - an der Schnittstelle von Pop, Soul und Jazz versuchen sich derzeit nicht eben wenige Musikerinnen, und das mit großem Erfolg. Jede von ihnen setzt einen individuellen Schwerpunkt, doch der breite Publikumsgeschmack gerät dabei nie aus den Augen: Grundlage ist der Mainstream. Das Erfolgsrezept bildet somit gleichzeitig die Basis des Rezensenten-Vorwurfs vom weich gespülten "Kuschel-Soul" und der fehlenden Innovativität des Sounds.

Auch San Glaser wird sich solcherlei Kritik anhören müssen. Das Debüt-Album der Sängerin bietet dafür einigen Anlass: "Never in vain" ist einschmeichelnd, eingängig, freundlich und ein wenig harmlos, da es nur selten Ecken und Kanten bietet, an denen man sich reiben könnte.

Und dennoch gefällt "Never in vain" auf Anhieb. Vielleicht, weil die Atmosphäre stimmt, und weil man dem Album anhört, das hinter dieser Stimme ein starker Charakter steckt, der über erkennbares Entwicklungspotenzial verfügt, jedoch längst noch nicht all seine Möglichkeiten preisgibt.

San Glaser, Tochter eines Indonesiers und einer Niederländerin, wurde von ihrer Familie schon früh musikalisch geprägt, doch sie selbst habe sich "ewig lange für total untelentiert" gehalten. Irgendwann muss sie dieses verzerrte Selbstbild über Bord geworfen haben, denn es folgte nicht nur eine klassische Ausbildung am Konservatorium in Hilversum, sondern anschließend verschiedene Engagements, u.a. mit Jazzkantine, den Harlem Voices und Orange-Blue.

Der gereiften Sängerin und ihrer facettenreichen Stimme wäre nach diesem ansprechenden Debüt eine zusätzliche Portion Mut zu wünschen. Das Gedränge auf dem Schmusesoul-Markt ist groß, die Konkurrenz entsprechend erdrückend, doch San Glaser verfügt zweifellos über die Möglichkeiten, zu einem individuellen Ausdruck mit hohem Wiedererkennungswert zu finden. Dazu müsste sie sich von der Grundlage des Mainstreams allerdings etwas beherzter entfernen, als dies noch auf "Never in vain" der Fall ist.

© Michael Frost, 22.11.2005

 


[Archiv] [Up]