Die Frage, wo Pop aufhört und Jazz beginnt, beantworten Flexkögel auf ihre Weise: gar nicht. Das Duo aus Sängerin Britta-Ann Flechsenhar und Gitarrist Christian Kögel bestehende Duo (unterstützt von Drummer Jochen Krämer) kümmert sich herzlich wenig um solche Festlegungen, und darin sind sie sich mit ihren Vorbildern, denen sie auf ihrem zweiten Album "Wilde Gezeiten" quasi Tribut zollen, wohl einig. Denn auch die Großmeister der Bossanova formten diesen Musikstil einst aus der Zusammenführung von traditioneller brasilianischer Rhythmik und nordamerikanischem Jazz.
"Wilde Gezeiten" ist über weite Strecken ein Bossanova-Album mit deutschen Texten, auch dies eine ungewöhnliche Grenzübertretung, denn die meist als hart empfundene deutsche Sprache scheint so gar nicht zu den sanft-melancholischen Zügen der Bossanova zu passen. Britta-Ann Flechsenhar ist zwar nicht die erste Sängerin, die den Gegenbeweis antritt, und doch ist man immer wieder überrascht, wie federleicht das Deutsche klingen kann.
Dabei bringen Flexkögel sogar noch das Kunststück fertig, selbst schwierige Themen in sanfte Verse und luftige Arrangements zu packen: "Wilde Gezeiten sind keine Kleinigkeiten // Wellen, die über Häuser schnellen // Wir spähen durchs Ozonloch direkt in die Ferne // Gibt's da draußen noch bewohnbare Sterne ..."
Und auch, wenn mancher Vers etwas zu bemüht daher kommt ("Komm, wir mischen uns unter die Leute // jetzt, hier und heute // sonst wirst du des Wahnsinns fette Beute"), insgesamt überzeugt das Konzept aus Vocal Jazz und Songwriterpop, besonders vielleicht in der Coverversion des Alphaville-Hits "Forever young". Britta-Ann Flechsenhar singt den Titel zur Hälfte auf Deutsch. So gerät der sarkastische Grundton des Songs über die "Ewige Jugend" in den Vordergrund - und entspricht damit der Linie des Albums, Sinnlichkeit und Satire miteinander zu verknüpfen.
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Michael Frost, 24.08.2008