Faudel
wurde zum "Kleinen Prinzen des Raï", seit er 1998 mit
den beiden Großen der arabischen Popmusik, Khaled und Rachid Taha,
im Fußballstadion von Paris-Bercy ein umjubeltes Konzert gab:
"1,2,3 Soleils" (1, 2, 3 Sonnen), die Raï-Variante auf
die drei Tenöre.
Faudels
Beteiligung war zu diesem Zeitpunkt nicht jedem einleuchtend, hatte
der damals 20-Jährige doch gerade erst sein Album-Debüt
veröffentlicht, das vom Publikum begeistert, von Kritikern aber
mit Skepsis aufgenommen worden war. Der Grund: Faudel ist kein Anhänger
der "reinen Lehre". Seine Variante des Raï hat einen
starken französischen Einschlag, er singt sogar fast ausschließlich
Französisch. Aber warum sollte er nicht ? Schließlich ist
Faudel Franzose. Khaled und Rachid Taha wurden beide noch in Algerien
geboren. Taha kam im Alter von zehn Jahren mit seiner Familie nach
Frankreich, Khaled wiederum wurde ins französische Exil gezwungen,
nachdem man ihn in Algerien mit einem Auftrittsverbot belegt hatte.
Doch
Faudel gehört zur Gruppe der "Beurs", der zweiten,
in Frankreich geborenen Generation nordafrikanischer Einwanderer,
mit französischem Pass und bikultureller Identität, und
auch wenn der Raï-Einfluss bei ihm immer noch authentischer Bestandteil
seiner Musik ist, so verarbeitet er in ihr ebenso starke Einflüsse
aus der französischen und europäischen Popkultur.
Diese
Mischung bestimmt auch sein neues Album "Un autre soleil",
das jedoch auch wieder einen erkennbaren Blick Richtung Maghreb wirft.
Immer vier Titel singt Faudel in arabischer Sprache, doch die Mehrzahl
der Lieder funktioniert nach seinem inzwischen bewährten Muster
aus Chanson, Pop und ethnisch angehauchten Rhythmen. Herausragend
ist seine Kooperation mit Les Négresses Vertes bei dem Titel
"Souffrir pour lui dire" in der tpyischen Handschrift dieser
inzwischen legendären Pariser Band.
Dem
Status des "Kleinen Prinzen" ist Faudel längst entwachsen.
Mit "Un autre soleil" etabliert er sich als einer der profiliertesten
Vertreter der französischen Popszene mit einem individuellen
Stil von hohem Wiedererkennungswert.
©
Michael Frost, 25.10.2003