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Wie ein Versprechen
von Hans Happel

 

Ein junger Mann, 20 Jahre alt, setzt sich ans Klavier und spielt sich in die eigene Kindheit zurück: In rasanten Läufen, in drängender Vitalität, in rockenden Riffs, fingerfertig parlierend und stets auf Wohlklang bedacht.

Eldar Djangirov, in Kirgisien geborener und seit seinem 10. Lebensjahr in den USA lebender Piano-Virtuose, darf sich diese lässliche Jugendsünde erlauben. Er zeigt mit jedem der 11 Stücke seiner neuen CD "re-imagination", dass er etwas zu sagen hat, dass er Geschichten erzählen und starke Emotionen entfachen kann. In den Liner-Notes zu seinen Eigenkompositionen spricht er von den Eltern, von den Orten seiner amerikanischen Kindheit, von den heftigen Widersprüchen in Los Angeles.

Zwar ist er musikalisch kein Bilderstürmer, aber sein von ihm schlicht "tears" getaufter "love song" ist wirklich ein berührendes Liebeslied, seine Ragtime-Version des Oscar Peterson-Titels "Place St. Henry" ist meisterlich gekonnt, gewitzt und dynamisch dargeboten, und die ganz überraschende, im Booklet nicht genannte Zugabe ist wohl eine der schönsten Adaptionen des McCartney-Songs "Blackbird".

ELDAR, wie sich der junge Künstler nach seinem Vornamen nennt, ist jedenfalls weit mehr als ein Talent, mehr als ein brillanter Spieler, er beweist hohes musikalisches Feeling, eine für sein Alter überraschende Zartheit und die Fähigkeit, schlichte Motive durch Verlangsamung und Reduzierung aufzubrechen. Er kann ebenso leise und intim werden wie andererseits raffiniert mit komplizierten Gegen-Rhythmen arbeiten. Er kann soviel, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann er über die "re-imagination" hinausblicken wird um aufzuschließen mit den Großen, mit Brad Mehldau etwa, der ähnlich wie ELDAR niemals Angst davor gehabt hat, schöne Melodien und großartige Songs der Rock- und Pop-Geschichte zum Thema der eigenen Jazz-Improvisationen zu machen.

"re-imagination" ist nicht nur eine schön zu hörende CD, es ist wie ein Versprechen , das ELDAR seinen Hörern gibt: Hier tritt einer auf, der will, dass man künftig mit ihm rechnet. Keineswegs ein Egomane: Dass er mit einigen hervorragenden Sidemen zusammenarbeitet, etwa mit dem Gitarristen Mike Monero (Ravi Coltrane Quartett), dem Bassmann Carlos Henriques oder dem Drummer Ali Jackson Jr. (Wynton Marsalis Quintet), zeigt eine andere seiner Stärken: Die Fähigkeit zum unkomplizierten Zusammenspiel, das diesen häufig schnellen, groovenden Sound so intensiv macht.



© Hans Happel, 27.10.2007


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