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Schöngeistiges
aus Manchester

Gast-Beitrag von Stephan Stöckel

 

Großes Kino für die Ohren inszeniert die Gruppe „Elbow“ im 19. Jahre ihres Bestehens: Auf ihrem aktuellen Album „The Seldom Seen Kid“ zieht das Quintett aus Manchester unter der Regie von Sänger und Texter Guy Garvey wieder alle Register seines Könnens. Obgleich die Akteure von „Elbow“ immer im Schatten der übermächtigen „Radiohead“ standen, in punkto Kreativität können sie Thom Yorke und seinen Mannen durchaus das Wasser reichen.

Das beweisen sie sogleich mit ihrer ersten Weise „Starlings“, deren in Moll getauchte Klangwelten eine mystische Szenerie vor dem geistigen Auge des Zuhörers erschaffen: Ein Drumloop wabert gemächlich vor sich hin, begleitet von dem sanften „Aha“ eines Chors - da bricht unvermittelt und forsch für einen Moment eine Blechbläserfanfare über den Zuhörer herein, ehe Guy Garvey in intellektuellem Ton über die Liebe fabuliert.

Etwas später schwenkt die Kamera zu einer Krankapsel („The Loneliness Of A Tower Crane Driver“) und man wähnt sich von schwermütigen Tönen ergriffen hoch über den Dächern einer Stadt.

Lebensfrohe Töne werden ebenfalls angestimmt: Ist es nicht ein schöner Morgen, wenn man an der Seite seiner liebsten aufwacht und die Sonne lacht? Dieses Bild hat man beim heiteren Song „One Day Like This“ vor Augen.

Zwei bierselige Troubadoure flimmern ebenfalls über die tönerne Leinwand: Guy Garvey und sein Freund Richard Hawley. Im Stile eines „Nick Cave“ stimmen sie einen fröhlichen Gassenhauer an, erzählen in ironischem Unterton von einem Pferderennen und dessen Besuchern, die anschließend mit dem großen Geld in der Tasche in Frankreich ein Leben in Saus und Braus führen. Obgleich die Musiker von „Elbow“ über weite Strecken ruhige Bilder kreieren, die nie langatmig wirken, so schlagen sie doch immer wieder – textlich und musikalisch - neue schöngeistige Seiten auf, die den Zuhörer fesseln.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es für die Schöngeister kein Happy End. Die letzten Szenen wecken im Zuhörer ein Gefühl der Betäubung, wenn Guy Garvey in „Friend Of Ours“ den Verlust eines geliebten Freundes beklagt: Bryan Glancy, Kult-Troubadour aus Manchester, der am 20. Januar 2006 mit 39 Jahren viel zu früh von uns ging. Umrahmt von romantischen Streichern haucht ihm Guy ein zärtliches „Love You Mate“ gen Himmel. Ergreifend!



"Elbow: The Seldom seem Kid"
ist ein Gast-Beitrag von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, April 2008


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