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Ein liebestoller Hecht
Gast-Beitrag von Stephan Stöckel


Ein familiärer Schicksalsschlag jagte bei Mark Oliver Everett den nächsten. Nun hat er sich erholt von all dem Frust und gepackt hat ihn (ach wie schön sich das reimt!) die fleischliche Lust. Der kauzige Everett, der sich in seiner Autobiographie mit dem Titel „Things The Grandchildren Should Know“ den letzten Kummer von der Seele schrieb hat sich vom Trauerkloß zum „Hombre Lobo“, zum Werwolf, so der Titel seines neuen Albums, gewandelt.

„Birds do it, bees do it. I wanna do it“, redet der Sänger der Eels auf dem Song „Lilac Breeze“ nach 40 Minuten Klartext. Der Musiker, der sich selbst kurz E nennt, hat sich musikalisch und lyrisch neu erfunden als liebestoller Hecht, den die Lüsternheit fast den Verstand raubt. Einem „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ gleich präsentiert er sich von zwei musikalischen Seiten: mal als simpler, zorniger Garagenrocker, mal als zartbesaiteter Troubadour, der sich in romantischem Ton nach Zweisamkeit sehnt. Everett macht in beiden Rollen keine schlechte Figur.

„Got a fuse that I can light”, bekennt der Rockschrat in dem Song „Tremendous Dynamite” und wahrlich seine Stimme ist am explodieren, bebt, faucht, heult, schreit, macht die Begierde förmlich greifbar. Der Testosteronspiegel steigt, Everett’s „Hombre Lobo“, der Promiskuität anscheinend nicht abgeneigt, lässt seiner Lust nach „Fresh Blood“ in dem gleichnamigen Song freien Lauf in einem gespenstischen Soundmix aus satten Electrobeats und verzerrten Riffs.

Zwischendrin wird aus dem sexgeilen Mr. Hyde ein lammfrommer Dr. Jekyll, der mit Geige und Banjo eine herzzerreißende, melancholische Weise anstimmt („All The Beautiful Things“), sich zu den zarten Klängen einer Akustikgitarre der Tagträumerei hingibt („In My Dreams“), oder sich nach einer hübschen Dame sehnt, die leider bereits vergeben ist („That Look You Give That Guy“), worin des Pudels Kern liegt: Everett spricht immer im kategorischen Konjunktiv, vom hätte, könnte, wollte.

Fröhlichkeit und Glück sehen indes anders aus. Der 46-Jährige ist sich treu geblieben, streift noch immer als einsamer Wolf durch die Kulturgestaden dieser Welt. „I'd rather be alone than try to be someone that I'm not and you seem like someone who could appreciate the fact that I'm no ordinary man”, bekennt er treffend in dem Song “Ordinary Man”, der den krönenden Abschluss eines gelungenen Albums bildet.

Eels: "Hombre Lobo"
(Cooperative Music/Universal)

ist eine Gast-Kritik von Stephan Stöckel.
© Stephan Stöckel, Juni 2009


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