Die
meisten Formen künstlerischen Ausdrucks vernachlässigen -
zwangsläufig - den Geruchsinn ihres Publikums. Über "Geruchsfernsehen"
ist zwar gelegentlich zu lesen, und in der bildenden Kunst gibt es durchaus
Möglichkeiten, mit Düften und Gerüchen zu arbeiten, doch
Musik für die Nase bleibt wohl eine Illusion.
Das
österreichische 1-Mann-Projekt "Dunkelbunt" bemüht
sich allerdings redlich um die Quadratur des Kreises. Zwar kann auch
Dunkelbunt (dahinter steckt Soundtüftler Ulf Lindemann) nur eine
Illusion aufbauen, doch das gelingt seinem Album "Morgenlandfahrt"
immer wieder recht anständig.
Der
Balkan in all seinen musikalischen Stilarten hat es Lindemann angetan.
Dort findet er die instrumentalen Zutaten seines elektronisch unterlegten
Sounds: Gypsy-Brass, Polka, Dub. Nicht umsonst, so scheint es, heißt
einer seiner Songs "Asfalt Tango" - nach dem profilierten
Osteuropa-Plattenlabel gleichen Namens aus Berlin.
Doch
auch nach Westen hat Lindemann alle Sensoren auf Empfang. Seine Musik
atmet den Duft der Pariser Multikultiszene aus Raï, Reggae, afrikanischem
Rhythmus, Electrotango und dem Hiphop der Banlieus.
So
ist die "Morgenlandfahrt" ein wenig wie die betörend
duftende Gewürzmischung, die dem Presse-Exemplar beilag: eine
Mixtur aus Kräutern mit orientalischer Grundsubstanz.
Doch
gelegentlich würde man der Musik noch mehr Würze und die
eine oder andere pikante, unbekannte und geheimnisvollere Zutat wünschen,
damit sie im Rachen nachbrennt, die übrigen Sinne trübt
und wenigstens zu leichten Hitzewallungen führt.
Aber
das ist sicherlich schon viel verlangt - für die Illusion duftender
Musik.
©
Michael Frost, 26.05.2007