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Abschied vom
folkloristischen
Sub-Genre


Der spanische Pianist Chano Dominguez gehört zu den Hoffnungsträgern des Jazzpiano-Spiels, und dies vielleicht gerade deshalb, weil er geografisch und musikalisch aus einer anderen Welt kommt. 1960 in Cadiz geboren, wurde ihm die Leidenschaft für Musik vom flamenco-begeisterten Vater in die Wiege gelegt.

Als Teenager in Rock- und Folkbands aktiv, gründete er 18-jährig seine erste eigene Gruppe, die als "Pionierband des Andalusian Rock" galt und drei Alben einspielte. Nur wenige Jahre später entdeckte er den Jazz, gründete 1992 ein Trio unter eigenem Namen und schaffte Ende der 90-er Jahre den internationalen Durchbruch mit seinem preisgekrönten Album HECHO A MANO (zu deutsch: handgemacht).

Die Musik wurde sogleich etikettiert als Flamenco-Jazz. Mit CON ALMA verabschiedet sich Chano Dominguez von dem folkloristisch gefärbten Sub-Genre. Seine hochkarätigen Sidemen George Mraz (Bass) und Jeff Ballard (Drums) gehören zu den Spitzenmusikern der amerikanischen Jazz-Szene. Mraz hat u.a. Oscar Peterson, Stan Getz und Stephane Grapelli begleitet, Ballard ist Mitglied im Brad Mehldau-Trio.

Dominguez´ kräftiger Swing erinnert in der Tat an Oscar Peterson, seine lyrischen Partien an Mal Evans, seine Farben sind pastos, aber er mischt kräftige Töne hinein. Seine Musik besitzt einen rauen Charme, den Drummer Jeff Ballard ebenso subtil wie energisch betont. Das Titelstück CON ALMA ist von Dizzie Gillespie, es gehört zu den langsameren unter den elf Nummern, neben wenigen spanischen Titeln größtenteils amerikanische Standards, die Dominguez wunderbar ausgewogen, mal lässig parlierend, mal drängend temporeich, und immer äußerst elegant vorstellt.

CON ALMA ist eins jener Alben, die so leicht daher kommen, dass man die Komplexität der Musik im ersten Moment überhört, aber irgendwann wird man aufmerksam auf die kleinen Irritationen, die Rhythmusverschiebungen des Schlagzeugers, die weichen, hintergründigen Soli des Bassisten, die eigenartige Aura aus Unruhe und Ruhe, die Dominguez ausstrahlt, und dann kann man sich kaum satt hören, denn immer entdeckt man irgendetwas Neues, und sei es nur, dass man stets versucht, im letzten Stück BESAME MUCHO den ausgeleierten Schlager herauszuhören. Vergeblich! Hier sind raffinierte Spieler am Werk.

© Hans Happel, 15.01.2006

 


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