vorschau MARIANNE DISSARD Tourdaten

 

Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Paris, Texas


Paris, Texas. Seit Wim Wenders wissen wir, dass es diesen Ort tatsächlich gibt. Und dass er so gar nichts mit der französischen Hauptstadt gemeinsam hat. Staub, Einsamkeit und wieder Staub prägten den Film, und die Slidegitarre von Ry Cooder. Texas und Paris, ein nicht auflösbarer Widerspruch, so schien es - bis Calexico auftauchten.

Die Band um Joey Burns machte den Wüstenrock zum festen Bestandteil der Musikszene - und lud immer wieder ausgerechnet französische Gäste zu den Albumaufnahmen ein. Françoiz Breut war eine von ihnen, Marianne Dissard eine andere. Im Unterschied zu Breut lebte Marianne Dissard bereits in den USA, als sie Joey Burns kennen lernte.

Auf "Hot Rail" singt sie mit ihm das Duett "The Ballad of Cable Hogue", und er ist es auch, der sie dazu drängte, ein Soloalbum aufzunehmen. Marianne Dissard hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Texte geschrieben, Burns komponierte die Songs dazu. Insgesamt zwei Jahre gingen jedoch ins Land, bis "L'entredeux" endlich fertig gestellt war.

Nun ist das Album auch in Deutschland zu haben, und deutlich wird vor allem eines: Paris und Texas haben einen späten Frieden geschlossen. Auf "L'entredeux" ist zusammengewachsen, was nicht zusammengehörte, auf höchst erstaunliche Weise.

Marianne Dissard ist eine - pardon - typisch französische Chanteuse. Nie weiß man mit Sicherheit, ob sie noch spricht oder schon singt, und wenn sie überhaupt einmal singt, dann klingt es mehr wie ein Raunen. Ihre Stimme klingt dunkel, erdig, weit weniger sanft und lieblich als viele ihrer Kolleginnen, man denkt an das verschlafene Timbre von Charlotte Gainsbourg, die fesselnde Erotik Isabelle Hupperts, oder an die bereits erwähnte Françoiz Breut, der sie auch in musikalischer Hinsicht nahe kommt.

Denn Marianne Dissard, und das ist das amerikanische Element von "L'entredeux", bettet ihre Poeme in ein Umfeld aus angloamerikanischem Gitarren-Pop/Rock und dem unaufdringlichen, aber ständig präsenten Rhythmen von Calexico-Drummer John Convertino. Hinzu kommen Elemente aus dem Countrypop: Geige, Mundharmonika, Akkordeon, Klavier. Schnell verschwimmt die Grenze zwischen Pariser Musette und Südstaaten-Polka.

Eingeschworene Fans werden widersprechen, dass "L'entredeux" im Vergleich zu dem kurz zuvor veröffentlichten "Carried to dust" das bessere Calexico-Album ist, aber zweifellos ist dem Gespann Dissard/Burns eine veritable Überraschung gelungen. Seit Wim Wenders sind sich Paris und Texas nicht mehr so nahe gekommen - und wohl noch nie haben sie so gut miteinander harmoniert.

© Michael Frost, 21. September 2008

 

 


[Archiv] [Up]