Duos
haben in Frankreich eine viel bedeutendere Tradition als hierzulande.
Serge Gainsbourg und Jane Birkin sind die Protagonisten des Genres,
ihnen folgten Catherine Ringer und Fred Chichin, die als "Les Rita
Mitsouko" den Disco- und Wavepop aufmischten. Neuere Beispiele
sind die Songwriterin Keren Ann und ihr isländischer Duettpartner
Bardi Johansson ("Lady & Bird) - Chanson-Erneuerer Dominique
A. und seine charmante Ex-Lebensgefährtin Francoiz Breut. Die "Le
Pop"-Compilations widmeten dem französischen Duett sogar ein
eigenes Album ("Le Pop en Duo").
Nun
wird die illustre Runde um ein Gangsterpärchen reicher. Es sind
nicht Bonnie & Clyde - aber irgendwie doch: Helena Noguerra und
Federico Pellegrini, die mit reißerischem Bandnamen für
Furore sorgen wollen - "Dillinger Girl & Baby Face Nelson",
benannt nach zwei Bankräubern, die in den 1930er Jahren in den
USA ihr Unwesen trieben.
"Bang!"
nennen Noguerra/Pellegrini ihr Debütalbum, doch ganz so explosiv,
wie es der Titel vermuten lässt, geht es darauf nicht zur Sache.
Das wäre auch überraschend gewesen, denn Hélena Noguerra
fiel bislang vor allem durch leisere Töne auf. Zwei Alben veröffentlichte
sie als "Hélena": das Bossanova-Album "Azul"
und "Née dans la nature", eine CD mit aktuellen Pop-Chansons.
Ob
sie und ihr Partner Fred Pellegrini nun als Serientäter an den
Start gehen, wird man sehen. Die Vielseitigkeit beider - Pellegrini
war zuletzt in der Science Fiction-Komödie "Atomik Circus"
zu sehen, wo er - Zitat Pressetext - in einem fiktiven "Ensemble
blonder Mexikaner mit skandinavischem Akzent" (!) auftrat.
Dagegen
nimmt sich "Bang!" fast harmlos aus. Das Album zitiert französische
Chansons, amerikanische Blues- und Folksongs, schrägen Pop -
jeweils sparsam - um nicht zu sagen: geizig - mit akustischer Gitarre
arrangiert. Wie die echten Bankräuber Dillinger und Gillis (alias
Baby Face Nelson) verlassen sie sich ganz auf die Wirkung ihrer gezückten
Waffen.
Im
Falle von Noguerra/Pellegrini werden die Revolver allerdings die säuselnde
Stimme einer betörenden Loreley, das einfache, spontane und daher
vertraut wirkende Gitarrenspiel, sowie die in Englisch und Französisch
gesungenen Texte, deren Gehalt im Refrain von "Move" kulminiert,
ersetzt: "Move your body ..." Solchermaßen unter Druck
gesetzt, tanzt dann selbst der Filialleiter der Kreissparkasse.
©
Michael Frost, 23.09.2006