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Ungarischer
Patchwork-Sound
Gastkritik von Inga Stumpf


Drum'n'Bass, TripHop und House contra Czardasz: Der ungarische Jungspund Gábor Deutsch veröffentlichte mit "Contrast" ein gelungenes Debutalbum.

Denkt man an Ungarn, denkt man an einen feurig dreinblickenden Mann mit dunklem Zwirbelbart, der viel lieber auf dem Rücken eines Pferdes durch die Puzta galoppieren würde, wie während seines Gulasch-Essens von einem eher schlecht als recht und sehr melancholisch Geige spielenden Zigeuner begleitet zu werden. Ist dem armen Kerl zu helfen? Die Sache mit dem Pferd wird schwierig, aber anstelle von Czardasz-Klängen kann er sich beim Mittagsmahl seit einiger Zeit die elektronische Musik von Landsmann Gábor Deutsch anhören.

Er ist erst 23 Jahre alt und gilt doch schon als Koryphäe unter den Elektro-Komponisten und Programmierern. Gábor Deutsch entschied sich nach einem Kurzaufenthalt an der Uni für's Musik machen, hängte das Informatikstudium an den Nagel, setzte sich an seinen alten Pentium-II-Rechner und begann mit Hilfe selbstentwickelter Software zu basteln.

Fast klingt es wie die "vom Tellerwäscher zum Millionär"-Geschichte. Gerade auch dann, wenn man auf die Tränendrüse zielend noch einwirft, daß der Jungspund aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers fünf Jahre lang auf dem linken Ohr taub war. Doch Gott sei Dank ist das Unglück mittlerweile behoben und die Medien überschlagen sich mit Jubelrufen auf sein Debut.

Dem jetzt einfach einzustimmen, wäre vermutlich einfallslos, aber was soll man tun, wenn der Erstling eines jungen Künstlers so vielversprechend klingt? Der Titel "Contrast" nimmt es schon vorweg und läßt bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem man das Album nur in Händen hält, darauf schließen, was den Hörer erwarten wird.

Im ersten Moment klingen die gesammelten Werke von Gábor Deutsch dann auch nicht sehr homogen: Was mit Easy Listening-, Lounge- und Ambient-Sound begann, schlägt im Laufe der 70-minütigen Spielzeit in metallischem Drum'n'Bass um. Sanfte Klänge werden zu dunkelsten Rhythmen, Stück für Stück schleichen sich wummernde Bässe zwischen die Harfenklänge und unerwartet mischen sich Breakdancemotive aus den 80ern unter die Streicherharmonien.

Doch gerade dieser Multistyle macht "Contrast" zu einerm Hörerlebnis: Jazz-Rock-Querflöten, Sitar-Motive und klingelnde Xylophon-Loops verbinden sich mit Speed Garage, Hip und Trip Hop und House. Die oft nur minimalistisch eingesetzten Sounds bereiten zum Ende des Albums hin eine immer düster und hypnotischer anmutende Stimmung und einstiges, gediegenes Couch-ChillOut mutiert zum clubtauglichen Dancemix.

Der anfangs gleichförmige, nur um Nuancen verschobene Beat wird im zweiten Teil von Gábors Debut also gelungen aufbereitet - ein ungewöhnliches Format, schließlich neigt die hintere Hälfte eines Albums zumeist dazu, eher einschläfernd auf den Hörer zu wirken. Groovige, endlostiefe Bass-Loops mit abwechslungsreichen Klangbildern für zwischendurch verheißen Gábors Gespür für Soundcollagen und klingen ganz und gar nicht zusammengeflickt, sondern machen Appetit auf mehr.

Sehr interessant, größten Teils entspannt und nach mehrmaligem Hören eine wahre Perle.

"Gábor Deutsch: Contrast" ist eine Gast-Kritik
von Inga Stumpf / April 2001

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